Tim Hayward@Tim_Hayward_
48 Min.
OPCW troubles: “The allegedly independent report does not in any way go into whether the arguments of the two inspectors could be correct, but only claims ...they violated the duty of confidentiality and disagreed with the officially published reports.”
Der OPCW-Abschlussbericht und der angebliche Giftgasangriff in Duma
Die Glaubwürdigkeit der OPCW will man durch Diffamierung der Whistleblower retten, die keine seien, kein ausreichendes Wissen hatten und vor allem die Vertraulichkeitsregeln verletzten
Die Aufklärung darüber, was am 7. April in Duma (Ost-Ghouta) während einer Offensive der syrischen Truppen vorgefallen war (
Das lässt aufhorchen: Angeblicher Chemiewaffenangriff in Ost-Ghouta), ist mittlerweile schon eine alte Geschichte, die aber weitergeht, bis sie irgendwann ganz aus dem Gedächtnis verschwinden wird.
Schon jetzt interessieren die Medien, die bis zum Abschlussbericht mit dem "richtigen" Ergebnis die Entwicklungen verfolgten, nicht mehr die mittlerweile geleakten Dokumente und Aussagen von Whistleblowern und ehemaligen OPCW-Inspekteuren, die Zweifel an den präsentierten Ergebnissen begründen. Die werden ansonsten wie auch in anderen umstrittenen Fällen wie des Nowitschock-Anschlags auf Skripals als Ergebnis russischer Desinformationskampagnen betrachtet, mit denen man sich nicht auseinandersetzen muss und höchstens inoffiziell Bellingcat losschickt, um "investigativ" das zu belegen, was man als Regierung lieber nicht machen will.
Eigentlich sollte die Fact Finding Mission (FFM) der OPCW mit dem im März 2019 veröffentlichten Abschlussbericht zumindest geklärt haben, ob und wie der von den Weißhelmen behauptete und mit Videos dokumentierte Giftgasangriff stattgefunden hat. Aufgabe der OPCW war zu der Zeit nicht zu ermitteln, wer der Täter ist. Der Bericht kam allerdings zu dem Schluss, dass es höchstwahrscheinlich einen Chlorgasangriff gegeben hatte und dass die beiden Zylinder mit dem Gas von der Luft abgeworfen wurden, was bedeutet, dass es nicht die noch in Ost-Ghouta verbliebenen Dschihadisten von Jaysh al-Islam gewesen sein konnten, die einen Tag doch später abzogen, sondern Hubschrauber der syrischen Armee (
OPCW-Bericht: In Duma war wahrscheinlich Chlorgas als Waffe eingesetzt worden). Auch beim angeblichen Sarin-Angriff von Khan Shaykhun 2017, war die OPCW, damals ohne Inspektion vor Ort, zu dem
Schluss gekommen, "dass die syrisch-arabische Republik für das Ausströmen von Sarin in Khan Shaykhun verantwortlich ist".
Nach
Leaks,
angeordneter Löschung eines Berichts und
Aussagen von Whistleblowern vertieft sich der Verdacht, dass der Abschlussbericht, der nur von OPCW-Mitarbeitern geschrieben wurde, die nicht Teil der FFM waren, frisiert ist. Zuletzt hatte der ehemalige OPCW-Inspekteur Ian Henderson, der Teil der FFM in Duma war und in einem nicht in den Abschlussbericht aufgenommenen
technischen Bericht argumentiert hatte, dass die Zylinder vermutlich nicht abgeworfen wurden, kritisiert, "Befunde, Fakten, Informationen oder Analysen" seien nicht berücksichtigt worden.
Hand in Hand mit Bellingcat?
Der OPCW-Generaldirektor Fernandon Arias hatte Ende November 2019 schon einmal Zweifel an der Unparteilichkeit der Organisation
zurückgewiesen, ohne auf die Vorwürfe näher einzugehen. Man ließ Bellingcat hingegen versuchen, die Kritik durch einen kurz zuvor veröffentlichten Bericht zu entkräften (
Bellingcat verteidigt OPCW-Abschlussbericht).
Nach den Ausführungen von Henderson sah sich die OPCW genötigt, doch noch auf die Kritik einzugehen. Zuerst einmal aber kam wieder ein
Bericht von Bellingcat am 23. Januar, der wieder nicht die Absicht verfolgt, die Wahrheit, soweit sie aus der räumlichen und zeitlichen Ferne zugänglich ist und von vorliegenden Informationen erschlossen werden kann, herauszustellen, sondern nur den Zweck hat, das im Abschlussbericht formulierte Ergebnis zu stärken, dass die Zylinder von Hubschraubern abgeworfen wurden. Zugrunde gelegt wird die Behauptung, die Russland vertreten soll, nämlich dass es überhaupt keinen Giftgasaustritt gegeben habe und alles nur inszeniert sei.
Ähnlich wie dies Verschwörungstheorien auch machen, wird mit Plausibilität argumentiert. Beispielsweise müssten, so das Hauptargument, die Menschen, die nach den Videos der Weißhelme durch das Giftgas getötet worden sein sollen, bei einer puren Inszenierung irgendwie anders getötet und zu den Tatorten gebracht worden sein. Tatsächlich ist dies eine Schwachstelle der Inszenierungshypothese mit oder ohne Giftgasaustritt, andererseits wurde in Duma heftig gekämpft, syrische und russische hatten massiv bombardiert. Dschihadistische Kämpfer sind überdies nicht sonderlich am Schutz von Menschen interessiert, Jaysh al-Islam soll auch Zivilisten gehindert und beschossen haben, die versuchen wollten, auf den Fluchtwegen der syrischen Regierung aus Duma herauszukommen.
Hauptvorwurf: Veröffentlichung vertraulicher Informationen
Am 6. Februar
veröffentlichte der OPCW-Generaldirektor den
Bericht einer "unabhängigen Untersuchung" nicht der Ergebnisse des Abschlussberichts, sondern über den Bruch der Vertraulichkeit nach dem
Leak des technischen Berichts im Mai 2019, der nicht in den Abschlussbericht aufgenommen wurde. Zwei früheren OPCW-Mitarbeitern wird vorgeworfen, "ihre Verpflichtung zum Schutz vertraulicher Informationen, die mit der FFM-Duma-Untersuchung, verbunden sind", verletzt zu haben. Das seien "stark geschützte Informationen", die Menschen ungenehmigt vorgelegt wurden, "für die es nicht notwendig ist, solche Informationen zu kennen". Das ist für eine internationale Organisation, die auch auf Transparenz setzt und Vertrauen beansprucht, schon eine seltsame Formulierung, wenn gesagt wird, die Öffentlichkeit brauche solche Informationen nicht. Zumal auch nicht gesagt wird, warum diese Informationen nicht an die Öffentlichkeit gelangen sollen, da nur formal auf die Geheimhaltungsregel verwiesen wird.
Ein Inspektor (A), ein langjähriger OPCW-Mitarbeiter und vermutlich "Alex", sei nicht Mitglied des FFM-Teams gewesen und habe keinen Zugang zu allen Informationen gehabt. Seine Beurteilung der Lage vom Februar 2019 sei kein offizielles, sondern ein persönliches
Dokument mit unvollständigen Informationen. Unautorisiert habe er mit Professoren zusammengearbeitet. Auch dem anderen Inspektor (B) werden wirkliche Einblicke abgesprochen. Er sei zwar - "zum ersten Mal", was ein Nachteil zu sein scheint - FFM-Mitglied gewesen (dabei hat er viele Jahre für die OPCW gearbeitet: 1998-2011, auch als Teamchef, und 2015 bis August 2018), aber er sei nur in Damaskus gewesen und habe Ende August die OPCW verlassen. Zuständig sei er für den Zwischenbericht gewesen. Er habe dann versucht, weiter in Kontakt mit OPCW-Mitarbeitern zu bleiben und die Untersuchung zu beeinflussen. Der Großteil der analytischen "Arbeit" sei nach seiner Zeit bei der OPCW entstanden......
weiter
https://www.heise.de/tp/features/Der-OPC...56120.html