Sieh da, sieh da...
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redfish@redfishstream 15 Std.
Shortly before the coup against Evo Morales, his government announced plans to nationalise the lithium industry and to deal directly on the global market. Demand for lithium is expected to triple in the next 15 years and guess where the largest reserves in the world are?
Das Lithium in Bolivien
Autor: Petropress, CEDIB | Januar 2010 |
Angesichts der chronischen Unterentwicklung und des wachsenden Bewusstseins vom Ausverkauf der natürlichen Ressourcen Boliviens gerät die Notwendigkeit einer alternativen und nachhaltigen Entwicklung zunehmend in den Blick. In diesem Zusammenhang spielt die strategische Bedeutung des Lithiums eine entscheidende Rolle, denn das weltgrößte Vorkommen dieses Leichtmetalls befindet sich im Salar de Uyuni, eine der größten Salztonebenen der Welt, entstanden durch Austrocknung eines Salzwassersees. Während der Regierungszeit des MIR in den 90er Jahren versuchte der multinationale Konzern Lithcoa (Lithium Corporation of America, heute Unternehmenstochter der US-amerikanischen FMC – Farmer Machinery Corporation) sich umfassende Rechte für die Ausbeutung der Rohstoffe des Salar zu sichern. Dies geschah mittels eines Vertrages, der zu Ungunsten der dortigen Gemeinden und des gesamten Landes ausfiel und nach heftiger Kritik annulliert wurde. Im Rahmen der fokussierten Nationalisierung der natürlichen Ressourcen hat die Regierung nun ein Projekt zur Industrialisierung der Region aufgelegt.
Wird Bolivien nun letztendlich doch von seinem natürlichen Reichtum profitieren und sich mit diesem strategischen Rohstoff eine Position auf dem Weltmarkt sichern können? Schauen wir uns die aktuelle Debatte anhand eines Interviews mit den Verantwortlichen des bolivianischen Lithiumprojektes einmal näher an.
17 Jahre nach dem Ausschluss von Lithcoa soll ein rein staatliches Projekt die Rohstoffe des Salar de Uyuni ausbeuten – ein permanenter Kampf gegen die Interessen der Multis
Seit den 60er Jahren hat der Salar de Uyuni den Status einer Reserva Fiscal (eine Art Sonderwirtschaftszone unter strengerer politischer Aufsicht). Trotzdem hat der bolivianische Staat niemals Initiativen zur Industrialisierung der Region unternommen. Stattdessen war es immer angedacht, den gesamten natürlichen Reichtum des Salar einem „großen multinationalen Unternehmen mit Erfahrung auf dem Gebiet” zu überantworten. Stets versuchten diese multinationalen Unternehmen, ihre Interessen durchzusetzen und sich die Ressourcen des Salar anzueignen.
Auf ein Angebot der Lithcoa hin unterzeichnete der bolivianische Staat 1989 einen Vertrag mit diesem Unternehmen. Dieser wurde jedoch nochmals einer Revision unterzogen, da das Gesetz Nr. 719 die Vergabe der Ausbeutungsrechte für den Salar an eine Ausschreibung bindet. Dadurch wurde die Bevölkerung der Region auf die Existenz dieses Vertrages aufmerksam. An der folgenden Ausschreibung nahmen drei Unternehmen teil (Lithcoa, Soquimich und Copla) und Lithcoa erreichte 1992 einen Vertragsabschluss. Doch die sozialen Organisationen der Region, allen voran die Regionale Förderation der Bauern des Südlichen Altiplano (Frutcas), kämpften für die erneute Annullierung des Vertrages. Da dieser nicht nur die uneingeschränkte Nutzung von Rohstoffen, wie etwa Wasser, zusagte, sondern auch einen ungemein niedrigen Steuersatz, lief er sowohl den regionalen wie nationalen Interessen zuwider. Weiterhin verstießen einige Vertragsklauseln offen gegen bolivianische Gesetze inklusive der Staatsverfassung. Durch einen einwöchigen Generalstreik im departamento Potosí wurde im selben Jahr die Annullierung des Vertrages erwirkt. Zudem war der Verdacht aufgekommen, die Lithcoa könnte mit dem weltgrößten Lithiumvorkommen spekulieren wollen.
1998 wurde die Reserva Fiscal des Salar de Uyuni durch das Gesetz Nr. 1854, auch als Ley Valda bekannt und 2002 durch das Dekret Nr. 26574 bestätigt und reguliert, auf die Ausdehnung der Salzkruste beschränkt. Damit sollte die Übertragung von Minenkonzessionen an den Rändern des Salar ermöglicht werden, vor allem in der Region des Rio Grande, die über besonders reiche Vorkommen an Boraten und Lithium verfügt. Aufgrund des langwierigen Kampfes der Gemeinden wurden diese Bestimmungen 2003 zurückgenommen und die gesamte Reserva Fiscal wieder hergestellt. Ausgenommen blieb das Gebiet im Einflussbereich des großen Minenprojektes von San Cristóbal, das reich an metallischen Rohstoffen ist.
Bereits in den Jahren 1996-1998 und verstärkt in den Jahren 2003-2005 wurden Versuche seitens privater Unternehmen bekannt, sich auf illegale Weise 11 Minenkonzessionen für die Ausbeutung von Bor-Vorkommen an den Rändern des Salar zu verschaffen. Dies geschah im Auftrag der Non Metallic Minerals S.A. des chilenischen Unternehmers Moscoso. Trotzdessen erwirkten die sozialen Organisationen der Region von der Ciresu einen Nutzungsvertrag für die Sociedad Colectiva Minera Río Grande SC (Socomirg), und zudem die Verabschiedung des Dekretes Nr. 27590, das unter anderem den Export von borhaltigen Mineralien ohne nationale Gewinnbeteiligung verbot
(....)
Die Ausmaße unseres Reichtumes
Der Salar de Uyuni ist mit einer Oberfläche von mehr als 10.000 Quadratkilometern der größte (Redaktion: Salzsee) der Welt und liegt 3.670 Meter über dem Meeresspiegel. Seine Salzfläche ist gleichmäßig weiß und glatt. Nur wenige Zentimeter unter der Salzkruste befindet sich die Sole, die mit bedeutenden Mineralien versetzt ist, wie Lithium, Bor, Kalium, Magnesium und Natriumchlorid. Das in der Sole des Salar de Uyuni gelöste Lithium ist das derzeit weltweit größte bekannte Vorkommen dieses Leichtmetalls.
Seit den 70er Jahren wurden im gesamten Salar von verschiedenen Körperschaften Bohrungen und geochemische Untersuchungen vorgenommen, dies geschah in tiefen Brunnen und an der Oberfläche. Um verlässliche Daten zu erhalten, müssen die Messdaten über Tiefe, Porosität und Dichte der Lagerstätte kombiniert werden.
Die Bohrungen des französischen Orstom-Instituts, jetzt IRD, (bis 120 Meter) und der Dukes University (bis 214 Meter) im Zentrum des Salar (ohne seinen Grund zu erreichen) zeigten den Schichtwechsel von hochporösen Salzschichten, die die Sole enthalten und undurchlässigen, mit Sole saturierten Tonen. In nahezu allen Proben wurde die gleiche Konzentration an gelösten Salzen nachgewiesen, mit leicht fallender Tendenz in der Tiefe. Der Lithiumgehalt sowohl der Salz- wie der Sedimentschichten beträgt im Durchschnitt 0,55 Gramm pro Liter.
Es wird angenommen, dass der Salar de Uyuni einem Trichter mit einer Oberfläche von 10.000 Quadratkilometern und einer Tiefe von 220 Metern gleicht. Berücksichtigt man zudem die von der Orstom erstellten Daten zur Konzentration, das Schichtenprofil der Dukes University und den Fakt, dass laut der Comibol Lithium nur aus Salzschichten mit einer durchschnittlichen Porosität von 40 Prozent gewonnen werden kann, erhält man ein geschätztes Lithiumvorkommen von mehr als 116 Mio. Tonnen. Da der Sole mit der heutigen Technologie nur 40 Prozent des gelösten Lithiums entzogen werden können, rechnet man mit einem ausbeutbaren Vorkommen von 46,5 Mio. Tonnen.
(....)
Die strategische Bedeutung des Lithiums
Die internationale Nachfrage nach Lithium hat in den letzten Jahren aufgrund zweier Anwendungsbereiche beträchtlich zugenommen: die Herstellung von lithiumhaltigen Batterien und Akkus sowie die Verwendung als Grundstoff für die Kernfusion.
Gemäß dem heutigen Stand der Technik vereinen lithiumhaltige Batterien zwei Vorteile, Leichtigkeit und hohe Kapazität. Angesichts der aktuellen Energiekrise wird angenommen, dass die Entwicklung von Elektroautos weiter vorangetrieben wird und diese Technologie bald den herkömmlichen Verbrennungsmotoren Konkurrenz machen wird. Die Produktion der dafür notwendigen aufladbaren Batterien erfordert beträchtliche Mengen an Lithium.
Ein weiterer Faktor für die steigende Nachfrage besteht in der Möglichkeit, die Kernfusion industriell nutzbar zu machen. Unter Kernfusion versteht man die Verschmelzung von zwei leichten Atomkernen zu einem Schwereren, wobei große Mengen an Wärmeenergie freigesetzt werden. Als Brennstoff für die Fusion werden Wasser (Deuterium) und Lithium (Tritium) verwendet.
Die bisher ungelöste technische Herausforderung von Kernfusionsreaktoren besteht in der Kontrolle und Speicherung der freigesetzten Energie. In dieser Richtung wird derzeit noch mit enormem finanziellen Aufwand geforscht. Auf lange Sicht könnte die Kernfusion eine Energieerzeugung mit hohem Sicherheitsgrad und sehr geringer Umweltverschmutzung gewährleisten.
Es wird bereits von einem neuen technischen und ökonomischen Paradigma gesprochen, des „Lithium-Zeitalters”, dieses wäre seit der Industriellen Revolution das sechste nach zuletzt Kohle, Öl und Silizium. Trotzdem ist die mögliche Bedeutung des Lithiums unter Experten durchaus strittig. Einerseits wird darauf hingewiesen, dass auch die Lithium-Vorkommen nicht unerschöpflich sind und somit keine nachhaltige Umstellung vom Verbrennungsmotor auf Elektroantrieb mit lithiumhaltigen Batterien gewährleistet ist. Hierfür ist es dringend notwendig, die existierenden Lithium-Vorkommen zu beziffern, sowohl im Salar de Uyuni als auch weltweit.
Außerdem ist noch nicht absehbar, wie weitreichend die Umstellung auf industrieller Ebene sein wird, denn bisher gibt es nur zwei derartige Initiativen. In Israel und Dänemark gibt es Programme zur kompletten Umstellung von Neuwagen auf Elektroantriebe bis zum Jahr 2011 bzw. 2012. Außerdem haben einige große Autokonzerne (Nissan, General Motors u.a.) die Entwicklung von Hybridfahrzeugen (Kombination von Verbrennungsmotor und Elektroantrieb) mit aufladbaren Batterien angekündigt. Im Zusammenhang damit muss auch danach gefragt werden, wie es um den Willen der Industrie für eine solche weitreichende Umstellung bestellt ist. Geht es den großen Konzernen in Ausnutzung des wachsenden ökologischen Bewusstseins doch vielmehr um die Eröffnung neuer hoch rentabler Märkte. Und letztendlich steht die Frage im Raum, ob uns tatsächlich tiefgreifende Veränderungen in der internationalen Energieerzeugung bevorstehen. Lithiumbatterien sind nur Energiespeicher, sie stellen keine alternative Energiequelle dar. Wie soll die notwenige Energie für neue Motoren, Autos und Maschinen erzeugt werden? Etwa aus denselben fossilen Brennstoffen wie heutzutage? Momentan befinden sich verschiedene Alternativen der Energieerzeugung im Entwicklungsstadium (Sonnen- und Windenergie, geothermische Energie, Energieerzeugung durch Druckluftantrieb, etc.). Bisher kann jedoch keine dieser Alternativen die fossilen Brennstoffe ersetzen. Diese Tatsache muss in der Debatte um den Wandel der internationalen Energieversorgung beachtet werden. Daher ist anzunehmen, dass sich die Umstellung auf den batteriegestützten Elektroantrieb schrittweise in den nächsten 20 Jahren vollziehen wird. Die industrielle Ausbeutung der Lithiumvorkommen des Salar de Uyuni unter nationaler Kontrolle wird für diese Debatte zweifellos von zentraler Bedeutung sein.
Die große Herausforderung für Bolivien
Wie wir gesehen haben, gibt es viele multinationale Unternehmen, die an der Industrialisierung des Lithiums interessiert sind. Jetzt mehr denn je, da sein Preis derart gestiegen ist und die Nachfrage wächst. Die gegenwärtig größte Herausforderung für Bolivien ist daher, diesem gewaltigen internationalen Druck zu widerstehen, einen eigenen Industrialisierungsprozess mit eigenen Technikern, Studien etc., mit einem Unternehmen, das zu 100 Prozent in staatlicher Hand ist, zu entwickeln und so mit Jahren und Jahrhunderten der Herrschaft und Plünderung zu brechen. Die Pilotanlage ist der erste Schritt. Eine industrielle Anlage großen Ausmaßes für ein strategisches Produkt für den Planeten, zu 100 Prozent in bolivianischer Hand, könnte die Zukunft Boliviens wesentlich und langfristig verändern. Die politische Macht muss sehr stark sein, um den zahlreichen Stimmen – auch nationalen –standzuhalten, die die Initiative als unmöglich, zu mühsam und nicht nachhaltig ansehen. Die sozialen Organisationen, vor allem die der Region, müssen fortwährend wachsam sein, um sicherzustellen, dass dieses Projekt zu einem guten Ende geführt wird.
Übersetzung aus dem Spanischen: René Steffen
Quelle: Petropress Nr. 13, Januar 2009. Herausgegeben vom Centro de Documentación e Información Bolivia (CEDIB). Alle Grafiken stammen aus dem Originalartikel von Petropress.
> http://www.quetzal-leipzig.de/lateinamer...19093.html
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Shortly before the coup against Evo Morales, his government announced plans to nationalise the lithium industry and to deal directly on the global market. Demand for lithium is expected to triple in the next 15 years and guess where the largest reserves in the world are?
Das Lithium in Bolivien
Autor: Petropress, CEDIB | Januar 2010 |
Angesichts der chronischen Unterentwicklung und des wachsenden Bewusstseins vom Ausverkauf der natürlichen Ressourcen Boliviens gerät die Notwendigkeit einer alternativen und nachhaltigen Entwicklung zunehmend in den Blick. In diesem Zusammenhang spielt die strategische Bedeutung des Lithiums eine entscheidende Rolle, denn das weltgrößte Vorkommen dieses Leichtmetalls befindet sich im Salar de Uyuni, eine der größten Salztonebenen der Welt, entstanden durch Austrocknung eines Salzwassersees. Während der Regierungszeit des MIR in den 90er Jahren versuchte der multinationale Konzern Lithcoa (Lithium Corporation of America, heute Unternehmenstochter der US-amerikanischen FMC – Farmer Machinery Corporation) sich umfassende Rechte für die Ausbeutung der Rohstoffe des Salar zu sichern. Dies geschah mittels eines Vertrages, der zu Ungunsten der dortigen Gemeinden und des gesamten Landes ausfiel und nach heftiger Kritik annulliert wurde. Im Rahmen der fokussierten Nationalisierung der natürlichen Ressourcen hat die Regierung nun ein Projekt zur Industrialisierung der Region aufgelegt.
Wird Bolivien nun letztendlich doch von seinem natürlichen Reichtum profitieren und sich mit diesem strategischen Rohstoff eine Position auf dem Weltmarkt sichern können? Schauen wir uns die aktuelle Debatte anhand eines Interviews mit den Verantwortlichen des bolivianischen Lithiumprojektes einmal näher an.
17 Jahre nach dem Ausschluss von Lithcoa soll ein rein staatliches Projekt die Rohstoffe des Salar de Uyuni ausbeuten – ein permanenter Kampf gegen die Interessen der Multis
Seit den 60er Jahren hat der Salar de Uyuni den Status einer Reserva Fiscal (eine Art Sonderwirtschaftszone unter strengerer politischer Aufsicht). Trotzdem hat der bolivianische Staat niemals Initiativen zur Industrialisierung der Region unternommen. Stattdessen war es immer angedacht, den gesamten natürlichen Reichtum des Salar einem „großen multinationalen Unternehmen mit Erfahrung auf dem Gebiet” zu überantworten. Stets versuchten diese multinationalen Unternehmen, ihre Interessen durchzusetzen und sich die Ressourcen des Salar anzueignen.
Auf ein Angebot der Lithcoa hin unterzeichnete der bolivianische Staat 1989 einen Vertrag mit diesem Unternehmen. Dieser wurde jedoch nochmals einer Revision unterzogen, da das Gesetz Nr. 719 die Vergabe der Ausbeutungsrechte für den Salar an eine Ausschreibung bindet. Dadurch wurde die Bevölkerung der Region auf die Existenz dieses Vertrages aufmerksam. An der folgenden Ausschreibung nahmen drei Unternehmen teil (Lithcoa, Soquimich und Copla) und Lithcoa erreichte 1992 einen Vertragsabschluss. Doch die sozialen Organisationen der Region, allen voran die Regionale Förderation der Bauern des Südlichen Altiplano (Frutcas), kämpften für die erneute Annullierung des Vertrages. Da dieser nicht nur die uneingeschränkte Nutzung von Rohstoffen, wie etwa Wasser, zusagte, sondern auch einen ungemein niedrigen Steuersatz, lief er sowohl den regionalen wie nationalen Interessen zuwider. Weiterhin verstießen einige Vertragsklauseln offen gegen bolivianische Gesetze inklusive der Staatsverfassung. Durch einen einwöchigen Generalstreik im departamento Potosí wurde im selben Jahr die Annullierung des Vertrages erwirkt. Zudem war der Verdacht aufgekommen, die Lithcoa könnte mit dem weltgrößten Lithiumvorkommen spekulieren wollen.
1998 wurde die Reserva Fiscal des Salar de Uyuni durch das Gesetz Nr. 1854, auch als Ley Valda bekannt und 2002 durch das Dekret Nr. 26574 bestätigt und reguliert, auf die Ausdehnung der Salzkruste beschränkt. Damit sollte die Übertragung von Minenkonzessionen an den Rändern des Salar ermöglicht werden, vor allem in der Region des Rio Grande, die über besonders reiche Vorkommen an Boraten und Lithium verfügt. Aufgrund des langwierigen Kampfes der Gemeinden wurden diese Bestimmungen 2003 zurückgenommen und die gesamte Reserva Fiscal wieder hergestellt. Ausgenommen blieb das Gebiet im Einflussbereich des großen Minenprojektes von San Cristóbal, das reich an metallischen Rohstoffen ist.
Bereits in den Jahren 1996-1998 und verstärkt in den Jahren 2003-2005 wurden Versuche seitens privater Unternehmen bekannt, sich auf illegale Weise 11 Minenkonzessionen für die Ausbeutung von Bor-Vorkommen an den Rändern des Salar zu verschaffen. Dies geschah im Auftrag der Non Metallic Minerals S.A. des chilenischen Unternehmers Moscoso. Trotzdessen erwirkten die sozialen Organisationen der Region von der Ciresu einen Nutzungsvertrag für die Sociedad Colectiva Minera Río Grande SC (Socomirg), und zudem die Verabschiedung des Dekretes Nr. 27590, das unter anderem den Export von borhaltigen Mineralien ohne nationale Gewinnbeteiligung verbot
(....)
Die Ausmaße unseres Reichtumes
Der Salar de Uyuni ist mit einer Oberfläche von mehr als 10.000 Quadratkilometern der größte (Redaktion: Salzsee) der Welt und liegt 3.670 Meter über dem Meeresspiegel. Seine Salzfläche ist gleichmäßig weiß und glatt. Nur wenige Zentimeter unter der Salzkruste befindet sich die Sole, die mit bedeutenden Mineralien versetzt ist, wie Lithium, Bor, Kalium, Magnesium und Natriumchlorid. Das in der Sole des Salar de Uyuni gelöste Lithium ist das derzeit weltweit größte bekannte Vorkommen dieses Leichtmetalls.
Seit den 70er Jahren wurden im gesamten Salar von verschiedenen Körperschaften Bohrungen und geochemische Untersuchungen vorgenommen, dies geschah in tiefen Brunnen und an der Oberfläche. Um verlässliche Daten zu erhalten, müssen die Messdaten über Tiefe, Porosität und Dichte der Lagerstätte kombiniert werden.
Die Bohrungen des französischen Orstom-Instituts, jetzt IRD, (bis 120 Meter) und der Dukes University (bis 214 Meter) im Zentrum des Salar (ohne seinen Grund zu erreichen) zeigten den Schichtwechsel von hochporösen Salzschichten, die die Sole enthalten und undurchlässigen, mit Sole saturierten Tonen. In nahezu allen Proben wurde die gleiche Konzentration an gelösten Salzen nachgewiesen, mit leicht fallender Tendenz in der Tiefe. Der Lithiumgehalt sowohl der Salz- wie der Sedimentschichten beträgt im Durchschnitt 0,55 Gramm pro Liter.
Es wird angenommen, dass der Salar de Uyuni einem Trichter mit einer Oberfläche von 10.000 Quadratkilometern und einer Tiefe von 220 Metern gleicht. Berücksichtigt man zudem die von der Orstom erstellten Daten zur Konzentration, das Schichtenprofil der Dukes University und den Fakt, dass laut der Comibol Lithium nur aus Salzschichten mit einer durchschnittlichen Porosität von 40 Prozent gewonnen werden kann, erhält man ein geschätztes Lithiumvorkommen von mehr als 116 Mio. Tonnen. Da der Sole mit der heutigen Technologie nur 40 Prozent des gelösten Lithiums entzogen werden können, rechnet man mit einem ausbeutbaren Vorkommen von 46,5 Mio. Tonnen.
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Die strategische Bedeutung des Lithiums
Die internationale Nachfrage nach Lithium hat in den letzten Jahren aufgrund zweier Anwendungsbereiche beträchtlich zugenommen: die Herstellung von lithiumhaltigen Batterien und Akkus sowie die Verwendung als Grundstoff für die Kernfusion.
Gemäß dem heutigen Stand der Technik vereinen lithiumhaltige Batterien zwei Vorteile, Leichtigkeit und hohe Kapazität. Angesichts der aktuellen Energiekrise wird angenommen, dass die Entwicklung von Elektroautos weiter vorangetrieben wird und diese Technologie bald den herkömmlichen Verbrennungsmotoren Konkurrenz machen wird. Die Produktion der dafür notwendigen aufladbaren Batterien erfordert beträchtliche Mengen an Lithium.
Ein weiterer Faktor für die steigende Nachfrage besteht in der Möglichkeit, die Kernfusion industriell nutzbar zu machen. Unter Kernfusion versteht man die Verschmelzung von zwei leichten Atomkernen zu einem Schwereren, wobei große Mengen an Wärmeenergie freigesetzt werden. Als Brennstoff für die Fusion werden Wasser (Deuterium) und Lithium (Tritium) verwendet.
Die bisher ungelöste technische Herausforderung von Kernfusionsreaktoren besteht in der Kontrolle und Speicherung der freigesetzten Energie. In dieser Richtung wird derzeit noch mit enormem finanziellen Aufwand geforscht. Auf lange Sicht könnte die Kernfusion eine Energieerzeugung mit hohem Sicherheitsgrad und sehr geringer Umweltverschmutzung gewährleisten.
Es wird bereits von einem neuen technischen und ökonomischen Paradigma gesprochen, des „Lithium-Zeitalters”, dieses wäre seit der Industriellen Revolution das sechste nach zuletzt Kohle, Öl und Silizium. Trotzdem ist die mögliche Bedeutung des Lithiums unter Experten durchaus strittig. Einerseits wird darauf hingewiesen, dass auch die Lithium-Vorkommen nicht unerschöpflich sind und somit keine nachhaltige Umstellung vom Verbrennungsmotor auf Elektroantrieb mit lithiumhaltigen Batterien gewährleistet ist. Hierfür ist es dringend notwendig, die existierenden Lithium-Vorkommen zu beziffern, sowohl im Salar de Uyuni als auch weltweit.
Außerdem ist noch nicht absehbar, wie weitreichend die Umstellung auf industrieller Ebene sein wird, denn bisher gibt es nur zwei derartige Initiativen. In Israel und Dänemark gibt es Programme zur kompletten Umstellung von Neuwagen auf Elektroantriebe bis zum Jahr 2011 bzw. 2012. Außerdem haben einige große Autokonzerne (Nissan, General Motors u.a.) die Entwicklung von Hybridfahrzeugen (Kombination von Verbrennungsmotor und Elektroantrieb) mit aufladbaren Batterien angekündigt. Im Zusammenhang damit muss auch danach gefragt werden, wie es um den Willen der Industrie für eine solche weitreichende Umstellung bestellt ist. Geht es den großen Konzernen in Ausnutzung des wachsenden ökologischen Bewusstseins doch vielmehr um die Eröffnung neuer hoch rentabler Märkte. Und letztendlich steht die Frage im Raum, ob uns tatsächlich tiefgreifende Veränderungen in der internationalen Energieerzeugung bevorstehen. Lithiumbatterien sind nur Energiespeicher, sie stellen keine alternative Energiequelle dar. Wie soll die notwenige Energie für neue Motoren, Autos und Maschinen erzeugt werden? Etwa aus denselben fossilen Brennstoffen wie heutzutage? Momentan befinden sich verschiedene Alternativen der Energieerzeugung im Entwicklungsstadium (Sonnen- und Windenergie, geothermische Energie, Energieerzeugung durch Druckluftantrieb, etc.). Bisher kann jedoch keine dieser Alternativen die fossilen Brennstoffe ersetzen. Diese Tatsache muss in der Debatte um den Wandel der internationalen Energieversorgung beachtet werden. Daher ist anzunehmen, dass sich die Umstellung auf den batteriegestützten Elektroantrieb schrittweise in den nächsten 20 Jahren vollziehen wird. Die industrielle Ausbeutung der Lithiumvorkommen des Salar de Uyuni unter nationaler Kontrolle wird für diese Debatte zweifellos von zentraler Bedeutung sein.
Die große Herausforderung für Bolivien
Wie wir gesehen haben, gibt es viele multinationale Unternehmen, die an der Industrialisierung des Lithiums interessiert sind. Jetzt mehr denn je, da sein Preis derart gestiegen ist und die Nachfrage wächst. Die gegenwärtig größte Herausforderung für Bolivien ist daher, diesem gewaltigen internationalen Druck zu widerstehen, einen eigenen Industrialisierungsprozess mit eigenen Technikern, Studien etc., mit einem Unternehmen, das zu 100 Prozent in staatlicher Hand ist, zu entwickeln und so mit Jahren und Jahrhunderten der Herrschaft und Plünderung zu brechen. Die Pilotanlage ist der erste Schritt. Eine industrielle Anlage großen Ausmaßes für ein strategisches Produkt für den Planeten, zu 100 Prozent in bolivianischer Hand, könnte die Zukunft Boliviens wesentlich und langfristig verändern. Die politische Macht muss sehr stark sein, um den zahlreichen Stimmen – auch nationalen –standzuhalten, die die Initiative als unmöglich, zu mühsam und nicht nachhaltig ansehen. Die sozialen Organisationen, vor allem die der Region, müssen fortwährend wachsam sein, um sicherzustellen, dass dieses Projekt zu einem guten Ende geführt wird.
Übersetzung aus dem Spanischen: René Steffen
Quelle: Petropress Nr. 13, Januar 2009. Herausgegeben vom Centro de Documentación e Información Bolivia (CEDIB). Alle Grafiken stammen aus dem Originalartikel von Petropress.
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