07.11.2019, 10:17 (Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 07.11.2019, 10:22 von kalter hornung.)
@ Boris
A. Hauß geht es nicht um die individuellen Gründe Balliets in einem realen Geschehen, sondern die "dramaturgischen" Erwägungen einer Regie. Und ein Script folgt natürlich "rationalen" Überlegungen. Was Balliet bei einem tatsächlichen Amok umgetrieben haben könnte, bleibt sicher spekulativ. Hat hier eigentlich aber kaum jemand zum Thema gemacht. Und dennoch würden selbst "irrationale" Handlungen bestimmten darstellbaren Überlegungen folgen, sofern sie nicht im Affekt erfolgten.
Nur - Balliet im Zweifelsfall "Dummheit" zu unterstellen, geben weder seine Vita, noch seine Planung, technische Realisierung oder Ausrüstung her.
(07.11.2019, 09:18)A.Hauß schrieb: Danke für die Aufklärung in der Fotofrage und sorry für die gestiftete Verwirrung. Mehrfachbesuche von Tätern am Tatort machen einen ganz wuschig. Das fing ja schon mit dem LKW am Breitscheidplatz an. Und ganz ohne Scherz: welchen anderen Zweck als erhöhte Aufmerksamkeit soll so ein Verhalten haben?
Ist die Frage nach dem Zweck ernst gemeint? Selbst wenn wir Stephan Balliet jetzt diese Frage stellen könnten und er uns antworten würde, bin ich mir ziemlich sicher, die Antwort würde ... dem Phänomen der Rationalisierung (so wie die Psychologen das verwenden) geschuldet sein.
Rationalisierung (abgeleitet von lateinisch ratio: Berechnung, Rechenschaft, Rechnung, Vernunft) bezeichnet in der Psychologie einen Vorgang, bei dem für ein Verhalten verstandesmäßige Gründe angeführt werden, während andere „unvernünftige Gründe“ für das Verhalten verborgen bleiben. Dies geschieht nicht nur gegenüber Dritten, sondern vor allem auch im Sinne einer „inneren Ausrede.“ (Wikipedia)
In diesem Zusammenhang erinnert mich meine Gehirnerweiterung noch an Hanlon’s Razor:
Hanlon’s Razor (Hanlons Rasiermesser) ist eine Lebensweisheit, die eine Aussage über den wahrscheinlichsten Grund von menschlichem Fehlverhalten trifft.
“Never attribute to malice that which can be adequately explained by stupidity.” „Schreibe nichts der Böswilligkeit zu, was durch Dummheit hinreichend erklärbar ist.“
Alternative Formulierung:
“Never assume malice when stupidity will suffice.” „Nimm niemals Böswilligkeit an, wenn Dummheit hinreichend ist.“
Unterm Strich könnte der Weisheit (vor)letzter Schluß vielleicht so lauten: Such nicht nach logischen Erklärungen, warum sich jemand so und nicht anders verhalten hat!
Vor allem Richter, Journalisten, Verschwörungstheoretiker (was auch immer das sein mag) und Menschen werden jetzt lautstark protestieren. Sie alle lieben die Suche nach den Gründen. Das unterscheidet sie von mir: Ich versuche hinter das Netz der Zusammenhänge zu kommen...
Ich könnte jetzt schreiben, ich wollte auch mal ein wenig pokern. Ich habe die Frage von A. Hauß aber tatsächlich so verstanden, wie ich sie beantwortet habe.
Aus dramaturgischer Sicht empfehle ich die beiden Sendungen anzuschauen: Spiegel TV (SPIEGEL TV vom 14.10.2019) und mdr’s FAKT IST! Nach dem Anschlag – die Gefahr aus dem Netz, falls noch nicht geschehen. Dort wird erkennbar, wohin der propagandistische Zug fährt. Bei der Bevölkerung muß Angst vor dem »einsamen Wolf«, den gestörten Einzeltäter, aufkommen … nur so akzeptiert sie die damit verbundenen verschärften Eingriffe in ihre Freiheiten und höhere finanzielle Belastung als Folge.
In der mdr-Sendung sitzen zwei Lager gegenüber. Auf der einen Seite die Bevölkerung in Gestalt von Zeugen Splett und der Frage »Können Sie uns schützen?« Die beiden anderen Herrn, Begrich von Miteinander e.V. (also eine NGO) und der Terrorismusforscher, sind seine, äh unsere »Verstärker«. (Wenigstens erwähnt der Terrorismusforscher diesmal, daß es auch noch andere Formen von gefährlichem Extremismus gibt; islamistischen nannte er. Möglicherweise wären mir noch andere Formen eingefallen, die unerwähnt blieben.) Innenminister Stahlknecht und Herr Peglow vom Bund Deutscher Kriminalbeamter als Vertreter des Staates werden letztlich mit der Forderung (der Bevölkerung) konfrontiert, der Staat, möge gefälligst mehr tun, um die Bürger effektiv zu schützen. Beide Herrn sagen zunächst unisono: Wir tun das beste, was möglich ist, aber es wird nie eine Hundertprozentige Sicherheit geben. Sie werden dann aber zu Aussagen wie »Wir brauchen mehr…« usw. getrieben.
In der Rolle des Irrationalen, des Wahnsinnigen, Gestörten … des der Bevölkerung Angst Einflößenden ist Stephan Balliet kaum noch zu toppen.
Ich sehe neben der Verstärkung der Aufmerksamkeit (eher der mentalen Manipulation) aber noch einen weiteren Zweck für seine Mehrfachbesuche am Tatort. Das aufgeführte »Straßentheater« gehorcht - wie es scheint - einem gut durchdachten Zeitplan. So lange der Video-Broadcast läuft muß die Zeit irgendwie so ausgefüllt werden, daß dem »Zuschauer« die Choreografie, das Synchronisieren auf die fixen Zeitmarken nicht auffällt. Also braucht es Pufferzeiten … und nicht nur der Improvisation wegen. Falls aus irgendwelchen Gründen Zeitnot entsteht, bekommt der Darsteller einen unauffälligen Wink und läßt so eine Wiederholung weg.
Lustig, interpretiert zu werden. Meine Frage halte ich angesichts der Antworten mittlerweile für belanglos. Beide Antworten erscheinen mir sehr sinnig. Weder Balliet noch die Choreographie sind blöd. Die desamte Show ist mit Bedeutung aufgeladen, Symbole, Zitate, Verweise greifen ineinander - und der Spielcharakter ist keine Erfindung von mir. Derzeit sehe ich in unseren Diskussionen leider noch immer (und ich stecke da voll mit drin) eine Diskrepanz zwischen minutiöser Analyse und klarem Ablauf, in die sich die Einzelfakten einfügen müssten. Bei mir jedenfalls passt da vieles nicht. Aber bevor ich wieder Verwirrung produziere, halte ich mich jetzt erstemol zurück, was nicht bedeutet, der "nur ein Jom Kippur"-Lesart zuzustimmen. Ich warte ab, was sich da noch ergibt.
Z.B. gelang es mir bei Tim/Winnenden, zu klären, dass es da eine Obduktion coram publico gab mit irrsinnigen Auslassungen, weil man ja dem Herrn Professor nicht widerspricht als Mediziner, der noch "was werden will". Da müsste doch irgendwann einmal auch bzgl. Jana und Kevin Papier vollgeschrieben werden/auftauchen bzgl. einer Obduktion. Wenn es eine Gerichtsverhandlung gibt. Das ist dann die Ultrashow - siehe Breivik. Die Regieassistenten dafür lesen hier gewiß interessiert mit, um Drehbuchpannen zu vermeiden.
Du beschreibst das Sich-die-Bälle-zuspielen in der Talkrunde sehr schön: Eine Anschein-Verarbeitung, bei der es keine Rolle spielt, ob das Ereignis real stattfand oder nicht. Schock- und Schmerzrituale dauern immer kürzer, die "Überlebenden" - also wir - werden schnellstmöglich in die Nachbetreuung übergeben, Fragen unerwünscht.
Da sind dann auch die "Dancing Israelis" fast typisch für's Ganze: im Schnelldurchlauf von Todesangst zur Lebensfreude; außer, daß sich die Jom-Kippur-Feiernden gemeinsam einbilden, ein Wunder Gottes habe sie gerettet (falls sie das denn wirklich glauben).
Die Decodierung solcher Ereignisse ist da letzter Widerstandsakt.
07.11.2019, 20:38 (Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 07.11.2019, 20:39 von fhh.)
In diesem Artikel vom 10.10.2019 fand ich noch ein paar Hinweise, die ich gesucht hatte.
Hier die Antwort auf die Frage, wo sich Augenzeugin Myriam S., die den Täter "in voller Montur" und "mit Handykamera auf dem Helm" sah (s. andere Artikel), in dem Moment aufgehalten hat: in ihrem Auto, mit dem sie zum Tatort geeilt war. Sie muss wirklich sehr schnell gewesen sein.....
Und ein weiterer Laden und vielleicht Zeuge tritt hier in Erscheinunug:
Das China-Restaurant Hong Kong, direkt gegenüber des Kiez-Döners. Befindet sich das Restaurant evtl. im 1. OG?
Auszug:
(......)
Dieses Bewusstsein ist heute in der Ludwig-Wucherer-Straße überall zu spüren. "Er hätte auch hier reinrennen können", sagt Kumar Lakhvir, er arbeitet in einem chinesischen Restaurant direkt gegenüber der Dönerbude. Diese Zufälligkeit mache es einerseits leicht, den Alltag wieder aufzunehmen, sagen einige. Aber sie nage auch an einem. "Die Leute haben Angst, dass es jederzeit wieder passieren kann", sagt Lakhvir. "Ich kann nicht verstehen, warum ein Fanatiker so leicht an Waffen kommen kann."
Warum hat sich der Attentäter radikalisiert, sodass er aus Hass Menschen töte wollte? Auch diese Frage bewegt die Menschen. "Es kann nicht sein, dass das niemanden aufgefallen ist", sagt Myriam S., die Freundin des Imbissbesitzers. "Er hat das sicher nicht für sich behalten." Erstaunlich reflektiert ist die junge Frau dafür, dass sie selbst ganz nah an den schrecklichen Ereignissen dran war.
Es war mittags, als ihr einer der Imbissmitarbeiter eine SMS schrieb: "Hier ist ein Mann, er schießt und es gibt Tote." Myriam S. fuhr sofort hin. Sie versteckte sich in ihrem Auto und sah, wie der Täter auf die Polizisten schoss. Sie habe überlegt, ob sie den Täter mit ihrem Auto einfach umfahren, ihn aus dem Weg räumen könne, sagt sie. Der Gedanke lässt sie nicht mehr los, auch jetzt noch, nachdem alles vorbei ist. Als der Täter flieht und die Polizei ihm hinterherjagt, geht sie in die Dönerbude und findet den Toten. Die 24-Jährige kümmert sich wie in Trance um den Mitarbeiter des Dönerladens, der die Tat mit ansehen musste. Heute, einen Tag später, jagt immer und immer wieder ein Gedanke durch ihren Kopf: "Wenn jemand mit einer Waffe kommt, was kannst du tun?"
08.11.2019, 01:47 (Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 08.11.2019, 01:50 von ossi.)
(07.11.2019, 20:38)fhh schrieb: ...
Es war mittags, als ihr einer der Imbissmitarbeiter eine SMS schrieb: "Hier ist ein Mann, er schießt und es gibt Tote." Myriam S. fuhr sofort hin. Sie versteckte sich in ihrem Auto und sah, wie der Täter auf die Polizisten schoss. Sie habe überlegt, ob sie den Täter mit ihrem Auto einfach umfahren, ihn aus dem Weg räumen könne, sagt sie. Der Gedanke lässt sie nicht mehr los, auch jetzt noch, nachdem alles vorbei ist. Als der Täter flieht und die Polizei ihm hinterherjagt, geht sie in die Dönerbude und findet den Toten. Die 24-Jährige kümmert sich wie in Trance um den Mitarbeiter des Dönerladens, der die Tat mit ansehen musste. Heute, einen Tag später, jagt immer und immer wieder ein Gedanke durch ihren Kopf: "Wenn jemand mit einer Waffe kommt, was kannst du tun?"
(.......)
Schön diffus von woher gekommen und auch nicht wo mit ihrem Auto gestanden ... wenn die Dame so toll und schnell warum fährt Sie nicht in die Schillerstraße rein und macht diese zugeparkte Strasse kurz vor Kreuzung Herderstraße dicht?
Sie hätte dann ja ihren "Kollegen" getroffen der die Schneckenpost Schneckenpolizei in Richtung Herderstraße Hollystraße fehlgeleitet hat. Wobei die Polizei dort mit der Paracelsusstraße, sowohl Berliner Str. als auch Am Steintor und Magdeburger Str im Blick und hätte sichern müssen.
08.11.2019, 03:40 (Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 08.11.2019, 03:41 von Alter Schwede!.)
Zitat:bei der vorhandenen Polizei konnte er unmöglich den Weg Paracelsusstraße zum Am Steintor passieren !!!
offiziell war die Polizei dort ja angeblich noch nicht vorhanden - um diese Logiklücke zu schließen musste der Unfallzeuge her, nach dessen Schilderung der täter dort (magdeburger str.) schon (nach einer kollision? mit einem fußgänger) durchgefahren war. Viel Vorsprung kann er allerdings nicht gehabt haben und verfolgt hatte man ihn freundlicherweise auch nicht.
meine tastatur spinnt herum, wahrscheinlich gibt die umschalttaste ihren geist auf - bitte um entschuldigung, für konstantes kleinschreiben.
Zitat:“Never attribute to malice that which can be adequately explained by stupidity.”
„Schreibe nichts der Böswilligkeit zu, was durch Dummheit hinreichend erklärbar ist.“
damit dürfte klar sein, dass diese "Lebensweisheit" aus Dummheit heraus entstanden ist, denn Böswilligkeit kann es ja nicht sein.
@Boris B.
Vielen Dank für deine BRILLIANTE Analyse zum Thema Zweck der Aufmerksamkeitserhöhung sowie der Talk-Shows.
Zitat:Ich sehe neben der Verstärkung der Aufmerksamkeit (eher der mentalen Manipulation) aber noch einen weiteren Zweck für seine Mehrfachbesuche am Tatort. Das aufgeführte »Straßentheater« gehorcht - wie es scheint - einem gut durchdachten Zeitplan. So lange der Video-Broadcast läuft muß die Zeit irgendwie so ausgefüllt werden, daß dem »Zuschauer« die Choreografie, das Synchronisieren auf die fixen Zeitmarken nicht auffällt.
Also braucht es Pufferzeiten … und nicht nur der Improvisation wegen. Falls aus irgendwelchen Gründen Zeitnot entsteht, bekommt der Darsteller einen unauffälligen Wink und läßt so eine Wiederholung weg.
Ein Paradebeispiel dafür gibt es bei / ab 18.20 - wo er ZUNÄCHST etwas sagt, was wie eine frage klingt:
"BRAUCH ich die nich mehr?" eine frage an wen?
DANN beginnt er seine kampfmontur abzulegen (inkl. Schultercam). wieso? weil er seinen Einsatz vorbei wähnt.
Seine mission ist - je nach Sichtweise - gescheitert (soll vermittelt werden) ODER erfolgreich gewesen (aus Sicht der "macher"): auf jeden fall ist sie abgeschlossen zu diesem zeitpunkt. aber halt, nein, es gibt ein zeitproblem, aber nicht zu wenig, sondern zu viel zeit, die noch gefüllt werden muss. s.b. war einfach zu schnell, da muss noch was eingefügt werden, sonst geht es nicht auf mit der schießerei auf der straße. z.b. die streife am steintor ist noch nicht so weit, die müssen sich noch ankleiden oder ähnliches.
daher anweisung von der regie (wie auch immer übermittelt):
nochmal in den döner rein und auf den (noch lebenden - UND WARTENDEN kEVIN - DER deswegen da noch liegt, weil auch er ein zeitfenster hat) schießen, zuvor noch die maler verjagen, aber nicht erschießen.
deswegen bei 19.18 die "konversation" von der wir zuschauer nur s.b.'s antwort hören.
"Das halt ich für ne dumme idee - ICH KANN nicht, mann!"
ich denke, dass er irgendwie (KNOPF im ohr?) MIT der regie verbunden war, die ihn steuern konnte und die regie konnte ihn ebenfalls über sein mikro hören. Daher diese "selbstgespräche" die keine sind. wenn er etwas für eine dumme idee hält - wieso tut er es dann? weil er den anweisungen der regie folgen muss.
somit würde auch stimmig, wieso kevin (obwohl offensichtlich reaktionsfähig) dort verharrt hatte - falls ein zweiter dönerbesuch nötig sein würde, weil der zeitplan sonst nicht stimmt.
meine tastatur spinnt herum, wahrscheinlich gibt die umschalttaste ihren geist auf - bitte um entschuldigung, für konstantes kleinschreiben.