Themabewertung:
  • 0 Bewertung(en) - 0 im Durchschnitt
  • 1
  • 2
  • 3
  • 4
  • 5
Die Wende
#1
(absichtlich unter Geopolitik eröffnet.)

(20.09.2019, 11:55)Rundumblick schrieb:
(20.09.2019, 11:09)BSB schrieb:
Hubertus Knabe schrieb:Als schließlich die Marktwirtschaft Einzug hielt, gingen die CO2-Emissionen rapide zurück: von 333 Millionen Tonnen im Jahr 1989 auf 164 Millionen Tonnen im Jahr 1995. Auch in anderen Staaten des früheren Ostblocks verringerte sich der Ausstoß signifikant, als diese kapitalistisch wurden.

Weil sie deindustrialisiert wurden, du Depp.

Zitat:Das Land stieß zuletzt über fünfmal so viel Schwefeldioxid aus wie die Bundesrepublik. Zu den Folgen zählte ein großflächiges Waldsterben in den Mittelgebirgen. Auch bei den Schwebstaubemissionen übertraf die DDR die Bundesrepublik um knapp das Fünffache. Da sich die Industrie vor allem im Süden konzentrierte, litt hier fast jedes zweite Kind an Atemwegserkrankungen und beinahe jedes dritte an Ekzemen.

Ja, fast wäre die komplette Ausrottung der Bevölkerung erfolgreich gewesen. Gerade noch rechtzeitig wurde sie aus dem Vernichtungslager befreit. Die Treuhand setzte der Massenvergasung ein Ende.

Das ist wohl wahr, besonders das mit der Treuhand. Das scheint der Hubertus übersehen zu haben

Ging es den Leuten nach der Wende besser oder schlechter?

Wie hätte die DDR als eigenständiger Staat weiterbestehen können ohne am Tropf des Westens zu hängen?

Wäre sie reformierbar gewesen? Ohne Markt- und Wettbewerbsfähigkeit?

Zitat:Man kann ihnen ja viel vorwerfen, aber nicht, dass sie sich nicht gewehrt hätten. Wenn überhaupt ein Begriff dafür entstanden ist, dass DDR-Bürger ihren volkseigenen Besitz an Produktionsmitteln verteidigten, dann ist es dieser Ort. Wenn es einen Erkenntnisfunken gab, worum es bei diesem Jahrhundertereignis »Wende« wirklich ging, dann haben sie ihn gezündet: die in Bischofferode. Ob sie das wollten oder nicht. Ihre Geschichte erzählt von einem Jahrhundertgeschäft.  Im Herbst 2014 fahre ich nach Bischofferode zum Gespräch mit Willibald Nebel. Er gehörte zu den Kalikumpeln, die 1993 ihren Schacht besetzten und in den Hungerstreik traten, um ihre Arbeitsplätze zu erhalten.  Links auf den Weg zur Grube war früher Grenzgebiet. Die Westgrenze. Manchmal konnte man die Hunde sehen. Von der Anhöhe sieht man auf den gewesenen Arbeitsplatz von Willi Nebel. Der Blick auf seinen toten Betrieb tut immer wieder weh, sagt er.  Und die Natur macht, was sie immer macht: Sie besetzt das Terrain. Mittlerweile sind die rot schimmernden Abraumhalden grün bewachsen. Auf der Halde Am Schacht 1 äsen Rehe und Damwild. Eine Idee der Agrargenossenschaft, um Arbeit zu schaffen. Es darf geschossen werden.  Ich finde das sonderbar mit den Rehen hier.  Ja, finde ich auch. Aber vieles ist sonderbar geworden.  Wo sitzen wir jetzt?  In der ehemaligen Poliklinik.  Sie hatten eine eigene Poliklinik?  Das gehörte sich so. Zu unseren besten Produktionszeiten waren hier zweitausend Arbeiter beschäftigt. Zum Werk gehörten der Sozialtrakt mit Großküche in drei Schichten, Kulturhaus, ein großes Verwaltungsobjekt, Poliklinik, Tischlerei, ein eigenes Kraftwerk. Damit haben wir seit den 60er Jahren sogar unser Freibad beheizt, Kindergarten und Wohnungen sowieso. Jetzt verfällt alles. Wir vom Kaliverein »Thomas-Müntzer« haben 1994 unsere Poliklinik übernommen und ein Museum zum Gedenken an das Bergwerk eingerichtet.  Warum?  Weil es Bischofferode nicht geben soll. Nie wieder. Im Museum erfährt man aber, wie alles war. Das ist unsere Geschichte.  Wann haben Sie auf der Grube angefangen?  1967 in der Verladung, wo wir das Kalisalz verladen haben. Später habe ich mich vom Produktionsarbeiter zum Schichtmeister qualifiziert.  Mussten Sie das machen?  Nein, das war zu meinem Vorteil. Und Verantwortung fürs Werk.  Wer waren die Hauptabnehmer für das Kalisalz?  90 Prozent unserer Produktion gingen nach Österreich, Frankreich, Italien, England, Westdeutschland.  Was war das Besondere an dem Kali aus Bischofferode?  Das Besondere an unserem Kalisalz war, dass es sehr rein, hochwertig war. Im Gegensatz zu anderen Kaligruben haben wir ja mitunter 18, 20 bis 25 Prozent Reinkali gehabt. Andere Betriebe wie Kali Kassel stehen da mit acht, zehn, maximal zwölf Prozent. Wir hatten rund 25 Prozent Reinerlös.  Wissen Sie noch die letzten Fördermengen?  Tonnenmäßig hatten wir mitunter zweieinhalbtausend Tonnen Reinprodukt.  Pro Tag?  Ja. Das ist sehr gut gewesen.  Damit hat die DDR gute Geschäfte gemacht.  Genau.  Sie haben für Devisen gesorgt.  Richtig.  Hätte so weitergehen können?  Ich würde heute noch gerne Salz verkaufen. Ist aber vorbei. Sogar einer der Fördertürme ist schon gesprengt.  Warum ist der gesprengt worden?  Weil er nicht mehr gebraucht wurde.  Warum?  Warum? Weil es nie wieder ein Bischofferode geben soll.  Aber Kali ist noch genug in der Erde?  Mit Stand von 1993 hatten wir noch für vierzig Jahre erkundete Produktionsqualität in der Grube.  Kann sein, dass in dem Gebiet hier noch mehr liegt?  Richtig.  Das habe ich so deutlich noch nicht gehört.  Das wissen die meisten auch nicht. Vorkommen für vierzig Jahre Produktion! Trotzdem wurde dichtgemacht.  Man könnte aber jederzeit wieder fördern?  Nein. Wir kommen nicht wieder an diese Lagerstätten ran, weil man 1993 die Grube nicht mit Feststoffen versetzt hat, sondern sie wurde geflutet. Durch das Fluten der Grube haben sich die vorhandenen Lagerstätten erledigt. Aus.  Das ist ja unglaublich, ehrlich gesagt.  Das sind die Machenschaften von BASF unter Helmut Kohl.  Das ist aber sehr unglaublich.  Ja, ist aber so.  1967, als Sie anfingen, wem gehörte da die Grube?  Na, das war Volkseigentum, wie viele andere Betriebe.  Wie lange haben Sie hier gearbeitet?  Insgesamt 41 Jahre.  Wann war für Sie Schluss?  Mit der Stillegung der Grube 1993.  Und dann?  Nachsorgearbeiten bis 2009, da habe ich vor allen Dingen meinen Arbeitsplatz abgerissen und beseitigt.  Wie viele Kumpel sind jetzt noch hier?  13 Leute, für Sicherungsmaßnahmen. Aber 2.000 hatten hier mal Arbeit.  Was ist mit der Flutung?  Das läuft immer noch.  Sie haben gesagt, hier sei alles unterhöhlt.  Solange, wie kein gesättigtes Salzwasser in die Grube eingeleitet wird, löst die nichtgesättigte Lauge alle Sicherheitspfeiler, die unten sind, weg. Daher auch der unkontrollierte Zusammenbruch des Grubenfeldes. Das ist schon zum Teil zusammengebrochen, Stück für Stück passiert das.  Warum? Das verstehe ich nicht.  Doch. Wenn man weiß, worum das geht, kann man das verstehen.  Sagen Sie es, bitte.  Das ist einfach. Es soll nichts wieder aus Bischofferode werden. Nie wieder hier im Einzugsgebiet eine Kaliproduktion.  Welche Interessen stehen dahinter?  BASF als Mutterkonzern, wobei Kali und Salz ein Tochterunternehmen von BASF ist. Die Ludwigshafener haben dafür gesorgt, dass Bischofferode nicht mehr produziert.  Warum haben die denn mit dem Kali nicht selbst das Geschäft gemacht?  Die haben doch ein Geschäft gemacht. Wir mussten schließen, und die haben ihre Produktion bei Kali Kassel gesteigert. Dort lagerte zwar nicht viel, aber immerhin. Inzwischen ist dort auch wieder ein Werk geschlossen worden, weil nicht rentabel. Und Unterbreizbach, was ja im Osten ist, wurde an Kali Kassel verschleudert, und nun holt Kali Kassel das Salz aus dem Osten nach drüben.  Wie – unter Tage?

Unter Tage, kein Thema. Wir durften ja damals nur bis zur Grenze fördern, weiter ging unsere Produktion nicht. Aber heute wird in Unterbreizbach das Salz gewonnen, rüber in den Westen geschafft, hochgeholt, verarbeitet und dort verkauft.  Als Kali Kassel?  Als Unternehmensvariante Kali Kassel, richtig. Die Steuern zahlt Kali Kassel im Westen. Das ist doch das Geschäft.  Aber die hätten mit diesem hochwertigen Kali Ost gute Exporte machen können?  Ja und nein. Da hätten sie ja damals noch einige Betriebe mehr in den alten Bundesländern schließen müssen, wenn wir hier produziert hätten. Das ist der ganze Grund.  Ihre Grube wäre dann geblieben?  Richtig. Man hat sich aber gesagt, wir schließen lieber die im Osten, schaffen so die Konkurrenz weg, denn wir wären ja dann Konkurrenz gewesen. Kali Kassel hatte Arbeit, und wir wurden unsere Arbeit los.  Wo steht das?  Na ja, so steht das nirgends drin. Die sind doch schlau. Aber der Fusionsvertrag regelt das alles.  Den kein Mensch einsehen darf?  Wo der Herr Vogel (Bernhard Vogel, 1992–2003 Ministerpräsident von Thüringen, CDU) sagt: Ich habe diesen Vertrag nicht gesehen und nicht gelesen. Sagt der, das muss man sich mal vorstellen: unterschreibt und weiß nicht, was.  Es ist die Rede von Geheimdokumenten.  Das war ein Vertrag mit geheimen Anhängen, das ist richtig, der zwischen der Bundesrepublik und Kali Kassel geschlossen wurde bzw. der Treuhand.  Wieder mal Treuhand.  Kein Kommentar.  Also, wirklich gut ist es Ihnen nach der Wende nicht gegangen?  Nein, auf keinen Fall. So wollten wir das nicht. Bloß, das haben wir ja nicht erahnen können, dass mit der Wende soviel Soziales abgeschafft wird, dass diese Ungerechtigkeit passiert, denn auch die Arbeitslosigkeit hat mit sozialer Ungerechtigkeit zu tun. Das ist doch traurig, wenn man heute kämpfen muss um einen Mindestlohn von 8,50 Euro. Der Mensch braucht doch eine Arbeit, von der er leben kann.  Wie haben Sie denn früher gelebt?  Wie ganz durchschnittliche DDR-Bürger. Ich komme ja von hier und bin 1971 nach Kirchworbis gezogen. Da habe ich die große Liebe gefunden, Grundstück gekauft, auf der Grube unsere Arbeit gemacht – Leben mit allem Drum und Dran. Mit den damaligen Möglichkeiten des sozialen Gefüges war vieles machbar.  Was dachten Sie, wie Ihr Leben wird?  Vor allen Dingen sorglos. Wir wussten genau, morgen und übermorgen können wir wieder arbeiten, und durch die Arbeit haben wir unser Einkommen und können unsere Familien ernähren. In aller Ruhe Häusle bauen, die Kinder friedlich erziehen, Urlaub. Normal eben.  Sie lebten hier dicht an der Grenze. Wie sah das praktisch aus?  Das sah so aus: Vom Schacht waren es rund zwei Kilometer zum Schlagbaum für das Sperrgebiet, wo man nur mit Passierschein reinkam.  Hat Sie das nicht gestört?  Gestört schon, aber das war nicht das Problem, und ich sage auch heute, gut und schön, die »Wende«, teilweise musste sie kommen, aber sehr vieles ist durch die »Wende« zerschlagen worden.  Warum musste die »Wende« kommen?  Der sogenannte Kalte Krieg, das war nicht das, was in unserem Sinne war. Wir haben uns eingeengt gefühlt, aber hatten auch die soziale Sicherheit. Das war ja das, was wir eigentlich dachten zur »Wende«, dass wir das Soziale, das wir gewohnt waren, und die Marktwirtschaft vernünftig in die Reihe kriegen. Dann wäre es vielleicht was geworden, und heutzutage würden nicht ganz so viele darüber schimpfen. Aber der soziale Osten funktioniert in der Marktwirtschaft nicht. Wenn ich keinen Job habe, kein Geld, vielleicht noch Schulden, dann kann ich nirgends hinreisen und habe keine Reisefreiheit! Soweit hat keiner gedacht. Viele waren einfach auch von der Marktwirtschaft geblendet.  Wie war das auf dem Schacht?  Die Demonstrationen, die gab es erst 1989, das ist richtig. Diskussionen hatten wir im Prinzip ja immer und überall. Am Arbeitsplatz, im Kollektiv, da war, wie man so schön sagt, immer was los.  Worum ging es?  Dass man sich Gedanken machen müsste um ein vernünftiges Miteinander ohne Grenze.  Kein Wunder hier, irgendwann denkt man: Wann kann ich denn da mal rüber?  Richtig. Gerade in unserer Region, wo wir so dicht dran waren, sind Familien mitunter getrennt worden.  Ihre auch?  Richtig. Nebels gab es auch auf der anderen Seite, aber keine Besuche. Das habe ich mal in der Schule gesagt. Wir hatten damals Staatsbürgerkunde, teilweise war es nicht schlecht, da wurde uns schon zeitig was von der brutalen Marktwirtschaft erzählt.  Das haben Sie aber nicht geglaubt?  Richtig. Aber wir haben es nach der »Wende« begriffen, Marktwirtschaft ist brutal und unmenschlich. Aber damals habe ich dem Staatsbürgerkundelehrer gesagt: Tut mir leid, aber mein Bruder, mein Onkel, meine Tante zehn Kilometer weiter sind doch kein Klassenfeinde für mich. Ich sage: Ich würde nie die Waffe gegen einen Menschen halten. Grundsätzlich nicht, mache ich nicht.  Da haben Sie Ärger bekommen?  Nö, warum? Na gut, zuletzt habe ich dem Lehrer gesagt: Sie sprechen vom kapitalistischen Klassenfeind, aber tragen ein Hemd vom Kapitalisten.  Was hat er gesagt?  Nichts. Ich wurde für etliche Zeit vom Staatsbürgerkundeunterricht befreit.  Wie jetzt, Sie wurden von der Staatsbürgerkunde ausgeschlossen?  Ja.  Ernsthaft?  Ja. Ich hatte kein Problem damit. Natürlich nicht.  Und sonst war nichts?  Nein, gar nichts. Auch später auf dem Schacht, ich sage immer, was ich meine.  Es heißt doch, man konnte nichts sagen.  Es war so und so. Nach der Armee sollte ich in die Kampfgruppe gehen. Ich sage: freiwillig nie. Du musst, als sozialistischer Leiter, das geht doch nicht. Ich sage: Du kannst meinen Job kriegen, wenn du ihn haben willst, aber ich geh’ in keine Kampfgruppe, und ich geh’ auch in keine Partei.  Ach, waren Sie auch nicht?  Nein, warum?  Ja, ist nur eine Frage.  Warum sollte ich?  Ihre Arbeit haben Sie behalten?  Richtig. Ich habe meine Arbeit gemacht, ich habe meinen Schichtleiter weitergemacht, jahrelang. Habe mich für die Belange meiner Werktätigen eingesetzt. Selbstverständlich, das war meine Aufgabe. Also, nicht nur für mich zu sorgen, ich hatte die Verantwortung für meine zehn Schäfchen.  Wenn Sie an den Herbst 1989 denken, woran erinnern Sie sich dann?  An die Montagsdemos bei uns in Kirchworbis. Viele stellten aus Sympathie Kerzen vors Fenster. Das sogenannte Friedenslicht. Wenn man am späten Nachmittag hier in unserer Gegend rumgefahren ist, standen überall Lichter in den Fenstern.  Ein Zeichen.  Ja, für Veränderungen im Land.  Sind Sie gläubig?  Ich bin katholisch, meine Familie, meine Kinder sind so erzogen.  War das kompliziert zum Beispiel wegen der Jugendweihe?  Nein. Wer der Meinung war, er möchte Jugendweihe machen, der konnte das machen.  Aber Sie nicht?  Ich nicht. Ich habe dem Klassenlehrer gesagt: Wir sind katholisch, der Junge geht nicht zur Jugendweihe. Also gut. Paar Tage später im Betrieb klingelt das Telefon: Willi, komm doch mal hoch zum Chef. Du, ich hab’ hier einen Zettel, Dein Junior geht nicht zur Jugendweihe? Ich sage: Ja, der geht nicht zur Jugendweihe. Ja, ich soll dich nur fragen, warum und wieso? Ganz einfach, weil wir katholisch sind. Und damit hatte sich das.  Sie hatten keine Nachteile?  Nein, überhaupt nicht.  Was haben Sie von der Wende erwartet?  Dass es friedlich bleibt.  Was dachten Sie, wie es weitergeht?  Erst mal sind wir rüber in den Westen, nach dem ersten Ansturm. In Duderstadt haben wir das Begrüßungsgeld geholt für die Familie, sind durch das Städtchen, haben uns viel Buntes angeguckt. Wir wussten nicht, wie es nun weitergeht, einheitliches Deutschland oder nicht, und wir können trotzdem hin- und herfahren, das wusste keiner. Und da habe ich mir, muss ich ganz ehrlich sagen, keinen Kopf drum gemacht. Es hätte auch so bleiben können.  Für Sie war es o. k., wie es war?  Richtig. Wir hatten ja noch Arbeit. Der Kalischacht produzierte.  Wann haben Sie gemerkt, dass es den Leuten hier an den Kragen geht?  1992. Da hörte man von dem Zusammenschluss der Produktionsstätten Ost mit West. Erst hinter vorgehaltener Hand. Dann kamen unsere lieben Brüder und Schwestern aus den alten Bundesländern zu uns und haben unsere Produktionsstätten begutachtet, haben geguckt, wie wir in der Grube produziert haben, wie die Fabrik produziert hat, wie wir verladen haben und, und, und.  Die waren von Kali Kassel?  Richtig, unter anderem. Und das war vielleicht, sage ich heute, das, was man falsch gemacht hat: Man hätte ihnen nicht alles sagen und zeigen dürfen … Aber wir waren ja gutgläubig. Wir haben gedacht, die wollen uns nichts Böses, sondern ein vernünftiges Miteinander. Die kochen ihr Salz im Westen, und wir kochen unser Salz im Osten.  Und derweil kochten die ihr eigenes Süppchen.  Richtig. Die haben sich für alles interessiert.  Sind Sie und Ihre Kollegen nicht mal stutzig geworden?  Wir haben nie daran gedacht, dass mit dem Zusammenschluss der ganzen Kalibetriebe, mit dem Abkauf der Technik und Lagerstätten, dass man dann sagt: Wir können nur soviel auf dem Weltmarkt absetzen – also Aus mit Kali Ost.  Das ist ein altes Spiel: Eene, meene Maus, und du bist raus.  Genau so. Wir waren ganz einfach blauäugig. Wir haben ja nie daran gedacht, dass man uns aus Konkurrenz und politischen Gründen sterben lässt. Da haben wir nie dran geglaubt, an so was. Wir waren immer guter Hoffnung, weil es ja hieß, wir haben für so lange Zeit noch Kalisalz in der Grube. Bischofferode musste sterben für Profit und Politik.  Wann wurden Schacht, Technik und Lagerstätten verkloppt?  Verscherbelt, muss man sagen. Das war dann 1992. Das ging schnell.  Ihre christliche Landesregierung half den neuen Eigentümern dabei?  Richtig.  Der Fusionsvertrag ist bis heute nicht komplett bekannt?  Richtig. Da gibt es noch unbekannte und geheime Klauseln.  Ihnen geht es jetzt darum, dass diese Geschichte so aufgeklärt wird wie alte Kriminalfälle von früher. »Aktenzeichen XY – Täter gesucht«?  Richtig.  Die Kalikumpel wollen wenigstens die Namen der Täter wissen?  Richtig, mehr geht ja nicht. Bestrafung ist wahrscheinlich heute nicht möglich. Bestimmt gibt es sogar Gesetze, die die Strafe verhindern.  Haben Sie eine Vermutung, worum es geht?  Ich vermute, es geht um viel, viel Geld. Ich glaube, die Namen der beteiligten Politiker sollen nicht bekannt werden. Die ganze Geschichte wäre auch schon im Sumpf untergegangen, aber wir haben mit der Linken im Erfurter Landtag die Frage Fusionsvertrag wieder aufgerührt. Wir lassen nicht locker.  Darin haben die Kalikumpel ja Übung: 1993 fing es an mit Fusionsvertrag, Ankündigung der Stillegung der Grube. Was passierte daraufhin im Betrieb?  Wir sind erst mal ruhig geblieben, haben uns kundig gemacht und klar gesagt: Wir wollen weitermachen. Wir haben Lagerstätten, wir haben die technischen Voraussetzungen, wir haben gute Kunden. Frankreich zum Beispiel war ein sehr guter, regelmäßiger Kunde, der sich auf die Produktion von Bischofferode eingeschossen hatte.  Ihre tatsächliche Lage war aussichtsreich?  Richtig. Dagegen hat man dann Propaganda gemacht und wollte uns einreden, dass wir nicht konkurrenzfähig sind. Kanada überschwemme den Markt, sagten die, und da sei das alles viel billiger, bei euch sei die Produktion zu teuer. Oder Russland hätte Billigproduktion, weil dort die Löhne noch niedriger sind als bei uns, und der Marktpreis würde tief fallen. Was haben wir in den letzten Jahren erfahren? Der Marktpreis von Kali auf dem Weltmarkt ist gestiegen. Alles nur Schwindel.  Da kam uns der Gedanke, dass wir unseren Schacht besetzen. Dann kamen Politiker, und wir diskutierten, aber umsonst. Also haben wir die Grube besetzt und keinen der netten Menschen von der anderen Seite reingelassen. Das war im Sommer 1993.  Das hat funktioniert?  Ja. Mitunter hat man uns politischen Ungehorsam vorgeworfen. Aber wir haben weiter unsere Arbeit gemacht und produziert, soweit das möglich war. Haben friedlich unseren Arbeitskampf geführt mit Demonstrationen in Sondershausen, Erfurt, Berlin, Künstler und Politiker waren auch dabei. Auch hier in Bischofferode fanden viele Aktionen statt mit Tausenden Leuten, die uns unterstützten.  Wie kam es zu dem Hungerstreik der Kumpel, wissen Sie das?  Ja, ich gehörte zum Sprecherrat der Kumpel. Wir waren sieben Mann und haben gesagt, alle Maßnahmen und Aktivitäten hätten nicht gefruchtet, nicht in der Landesregierung und nicht bei der Treuhand. Was machen wir nun? Wie erreichen wir mehr Aufmerksamkeit? Und so kamen wir auf den Gedanken mit dem Hungerstreik. Nun mussten wir den Vorschlag erst mal der Belegschaft rüberbringen. Hin zum Schichtwechsel, die Belegschaft informiert: Wer ist dafür? Wer ist dagegen? Jawoll, machen wir. Dann sind wir nach Hause gefahren und haben mit unseren Familien gesprochen.  Sind Sie denn auch mal mit Ihrem Gott zu Rate gegangen?  Ja, in dem Sinne, dass wir doch Gottgefälliges tun, wenn wir Gutes tun für uns, für die Region, für unsere Familien. Denn es waren ja schon einige Betriebe, die zugemacht hatten, wo es also viele Arbeitslose gab. Wo sollten wir denn dann noch hin, wenn noch mehr kaputtgeht? Ja, mit sich selber hadern ist ganz schön schwierig gewesen …  Der Pfarrer war auch hier?  Die waren vor Ort. Wir haben hier auch Messen gehalten. Am Füllort, bevor wir in die Grube fuhren, und auch hier draußen. Politiker waren auch vor Ort mitunter.  Bernhard Vogel, der damalige Ministerpräsident ebenfalls?  Ja, der war hier und hat zur Belegschaft gesprochen. Zu guter Letzt ist er plötzlich aufgesprungen, hat ein rotes Gesicht bekommen und zu uns gerufen: Bin ich denn schuld an vierzig Jahren DDR? Da drüben in dem Gebäude war das.  Was hat er gemeint?  Dass wir hier nur maroden Mist haben aus 40 Jahren DDR.  War Ihr Betrieb marode?  Nein. Auf keinen Fall. Das war der Moment, wo wir ihn wirklich, krass gesagt, mit seinen Aussagen schon in die Enge getrieben hatten. Er wusste nicht mehr, was er uns sagen soll.  Das letzte Argument, die DDR ist schuld?  Bin ich denn schuld an vierzig Jahren, hat er gesagt, da drüben in diesem Raum, wo jetzt die Tischlerei drin ist.  Wissen Sie noch, wann der Hungerstreik begann?  Im Juli, ich glaube, am 7. Juli.  Waren Sie von Anfang an dabei?  Ja.  Wie viele waren es?  Sieben. Später auch mal zwanzig Kumpel.  Sie hatten Ärzte dabei.  Die Amtsärztin, Gott sei Dank, hat uns wirklich unterstützt, neben ihrer täglichen offiziellen Arbeit, und dann war eben die Vereinbarung, wenn sie einschätzt, dieser Kollege kann nicht mehr körperlich, dann hört er auf. Irgendwann baut der Körper ab. Man friert nur noch, man fängt an zu zittern, der Akku ist leer, ganz einfach.  Wie lange haben Sie durchgehalten?  Vierzehn Tage. Da kam dann unsere Ärztin und sagte: Das geht nicht mehr.  Haben Sie nicht irgendwann mal gedacht, das alles hat keinen Sinn?  Manchmal geht der Mut. Aber er ist immer wiedergekommen. Wir wollten unseren Schacht behalten. Wir wollten unsere Arbeit behalten. Wir wollten unser Leben behalten. Das haben wir bis Dezember 1993 versucht.  Und dann?  Dann haben wir einen Schlag in den Nacken gekriegt.  Was war das?  Das war bitterlich. Es war am Heiligabend. Alle kamen noch mal zusammen. Dann hat man uns gesagt, dass alle Mühen umsonst waren und es in Bischofferode keine Produktion mehr geben wird – ohne Wenn und Aber. Und wenn wir dagegen verstoßen, dann verstoßen wir gegen Gesetze, und das geht nicht – hier wäre ja nun ein Rechtsstaat.  Und weiter?  Vielen kamen die Tränen. Dann sind wir nach Haus gegangen. Es war ja Weihnachten.

https://www.jungewelt.de/artikel/363154....-dran.html
Antworten
#2
Nächstes Beispiel:

Zitat:Damit war die Wismut hinter der UdSSR, den USA und Kanada der viertgrößte Uranproduzent der Welt.

Mit der deutschen Einheit wurde der intensive Uranerzbergbau am3 1. Dezember 1990 eingestellt. Mitte 1991 stieg die UdSSR per Staatsvertrag aus. Die Wismut ging vollständig in den Besitz der Bundesrepublik Deutschland über.

https://www.wismut.de/de/sdag_wismut.php

Und heute:

Zitat: Die Wismut GmbH ist ein Unternehmen des Bundes in Sachsen und in Thüringen. Ihre Hauptaufgabe besteht in der Stilllegung, Sanierung und Rekultivierung von Urangewinnungs- und Uranaufbereitungsbetrieben.

https://www.wismut.de/de/wismut_firmenportraet.php
Antworten
#3
Diesen Gastbeitrag von Klaus Blessing und Walter Siegert wollte die Welt nicht drucken

Die Aufgabe von Theologen ist es, Glauben an das zu vermitteln, was sie nicht beweisen können. Das ist ihre Mission seit Menschengedenken. Problematisch wird es, wenn Glauben als Wissen ausgegeben und mit dem Pathos verkündet wird, unumstößliche Wahrheiten zu vermitteln. Genau das zelebriert Richard Schröder in seinem Artikel „Wie sich die DDR illusionär reich rechnete.“, der in der Zeitung Die Welt erschien.

Der Theologe und Philosoph Schröder entwickelt für seine „Widerlegung“ einen neuen philosophischen Begriff: „Die Behauptung, die DDR sei 1989 nicht pleite gewesen, ist richtig, aber nicht wahr.“ Im Philosophieunterricht haben wir gelernt, eine Aussage ist dann wahr, wenn sie richtig ist – oder auch umgekehrt. Untersuchen wir den „Wahrheitsgehalt“ einiger seiner Behauptungen – belegt mit authentischen Quellen.

Herr Schröder meint: „Das KoKo-Imperium von Schalck-Golodkowski wurde gegründet, um das Verbot des Exportes militärstrategisch relevanter Hochtechnologie trickreich zu umgehen.“

Der Gründungsbeschluss für den Bereich Kommerzielle Koordinierung – Verfügung des Ministerrates der DDR vom 1. April 1966 – besagt: „Durch den Minister für Außenhandel und Innerdeutschen Handel ist die einheitliche Leitung […] mit dem Ziel der maximalen Erwirtschaftung kapitalistischer Valuten außerhalb des Staatsplanes zu sichern.“
Richard Schröder rechnet sich arm: Pleite des Ostens trat nach dem Beitritt zum Westen ein

Das hat Schalck ohne jegliche staatliche Kontrolle in einem Umfang getan, der zeitweise fast die Höhe des planmäßigen Außenhandels der DDR mit kapitalistischen Staaten erreichte. Er sammelte Devisenreserven von 20 bis 30 Milliarden Valutamark (genaue Zahlen gibt es nicht) an, die dem Staatshaushalt vorenthalten wurden.

Herr Schröder stellt fest: „Ob ein Staat 19 (Angaben der Deutschen Bundesbank d.V.) oder 49 Milliarden (Angaben von Gerhard Schürer, Vorsitzender der Plankommission der DDR) Schulden hat, ist unerheblich. Entscheidend ist, ob er Zinsen und Tilgung pünktlich zahlen kann […]. Und dafür standen keine weiteren Produkte zur Verfügung.“

Der erste Teil der Aussage stimmt. Im zweiten Teil will Herr Schröder suggerieren, dass die DDR eben doch pleite war, da sie nicht pünktlich zahlen konnte. Dazu die Deutsche Bundesbank: „Ende 1989 lagen die Liquiditätsreserven der DDR immer noch bei 29 Milliarden Valutamark und deckten 59,3 Prozent der Verschuldung ab.“

Die Bayerische Landesbank hatte 1988 bestätigt: „Die DDR hat ihren 1983 aufgenommenen Milliarden-Kredit (Strauß-Kredit) voll zurückgezahlt.“ Die Treuhand erklärte: „Die KoKo-Milliarden von Schalck-Golodkowski sind fast vollständig gefunden worden, 20 Milliarden gleich bei der Wende, 1,5 Milliarden in den letzten Jahren.“ Hans Modrow stellte fest: „Die DDR war nicht pleite und brauchte kein Geld, um Löhne, Gehälter und Renten zu zahlen und den Betrieb des Staates aufrecht zu erhalten.“

Die Pleite des Ostens trat nach dem Beitritt zum Westen ein: Absturz der Wirtschaft um 45 Prozent, der Industrie um 65 Prozent, Rückgang der Erwerbstätigen um über zwei Millionen, Auswanderung von über drei Millionen DDR-Bürgern in „den goldenen Westen“, Anhängen des Ostens an den Tropf westdeutscher Transferzahlungen. Herr Schröder philosophiert: „Devisenschulden konnten nur durch Exportsteigerungen bedient werden. Und dafür standen keine weiteren Produkte zur Verfügung. […] Man riss ja gepflasterte Straßen auf und asphaltierte sie, nur um die Pflastersteine für eine DM pro Stück dem Westen […] zu verkaufen.“
Wie Richard Schröder polemisiert

Tatsächlich sah die Exportstruktur der DDR in westliche Industrieländer 1989 wie folgt aus: Maschinen und Transportausrüstungen 31,9 Prozent, Fertigerzeugnisse 21,6 Prozent, Chemieprodukte 13,1 Prozent, Rohstoffe und Brennstoffe 12,1 Prozent, Nahrungsmittel 10,9 Prozent. Pflastersteine sind darin nicht enthalten.

Herr Schröder fragt: „Wie konnte die DDR 1989 ihren Bankrott vermeiden?“ und zitiert Schürer, der angebliche „Tricks“ beschreibe: „Wir haben Kredite für Investitionen erhalten, die wir aber noch nicht eingesetzt hatten. Die wurden zwischenzeitlich auf ausländischen Banken angelegt und erschienen dadurch als Guthaben, obwohl es eigentlich Kredite waren.“ Die DDR, so Schröder, „unterhielt bei ihrem Spiel Verbindlichkeiten zu 600 ausländischen Banken“.

Dass nicht verbrauchte Kredite Guthaben sind, ist jedem Kaufmann geläufig. Dass diesen Guthaben auf der anderen Seite der Bilanz „Verbindlichkeiten“ gegenüberstehen auch. Der Abschussbericht der Bundesbank über die Verschuldung der DDR weist Nettoschulden aus – also die Differenz zwischen Guthaben und Verbindlichkeiten. An dem „Spiel“ ist also nichts Anrüchiges oder Trickreiches zu finden.

Herr Schröder polemisiert: „Altfunktionäre der DDR rechneten vor, dass den 19 Milliarden DM Schulden doch erhebliche Guthaben der DDR gegenüber Entwicklungsländern gegenüber standen.“ Da bringt der Herr Schröder wohl etwas durcheinander. Es geht nicht um „Entwicklungsländer“ sondern um Länder des Rates für gegenseitige Wirtschaftshilfe (RGW).

Der Stellvertretende Minister für Außenhandel, zuständig für den Bereich RGW, Dietrich Lemke, resümiert: „Als die Konten der Staatsbank der DDR bei der Internationalen Bank für Wirtschaftliche Zusammenarbeit (IBWZ) in Moskau zum 31.12.1990 geschlossen wurden, ging auf die Bundesbank der Bundesrepublik Deutschland ein Guthaben in Valutamark und Deutschen Mark bewertet von etwa 23,4 Milliarden DM über.“

Egon Krenz, vom 17. Oktober bis zum 6. Dezember 1989 SED-Generalsekretär und DDR- Staatsratsvorsitzender, bemerkte dazu: Aus den Schulden NSW und den Guthaben RGW „ergibt sich, dass die DDR unterm Strich weder überschuldet noch überhaupt verschuldet war“.
Der Theologe Schröder zelebriert eigene Vorstellungen von Solidarität und christlicher Nächstenliebe, indem er diese auf Macht und Geld reduziert: „Die Sowjetunion hat die DDR gedrängt, ihre Favoriten in der sogenannten Dritten Welt zu beliefern, egal ob sie auch bezahlen (können). In Wahrheit ging es um sowjetische Globalpolitik im Kalten Krieg – die diesmal die DDR bezahlen sollte.“
Richard Schröder: „Warum verlangte Modrow 15 Milliarden DM?“

Für die sozialistisch orientierte DDR – und Großteile ihrer Bevölkerung – war internationale Solidarität mit Entwicklungsländern und ihrer Bevölkerung ein Markenzeichen der Politik, um deren eigene Wirtschaft zu stärken. Auch wenn nicht alles bezahlt wurde. Heute sind Entwicklungsländer billige Rohstoff- und Arbeitskräftequellen und profitabler Absatzmarkt.

Herr Schröder schreibt über den Bundeskanzler: „Kohl hat […] erklärt, Geld gebe es für die DDR erst nach freien Wahlen in der DDR […]. Ich bin dem Bundeskanzler übrigens dafür dankbar.“
Millionen Ostdeutsche, die mit Kohls leeren Versprechungen über „blühende Landschaften“, dass „es keinem schlechter gehen werde“ und der harten DM für diese „freien Wahlen“ geködert wurden, inzwischen jedoch Existenz und Heimat verloren haben, sind ihm heute gar nicht mehr dankbar.

Von Kohl wurde Politik gemacht, und die hieß: Die DDR muss weg. Staaten, die man einverleiben will, gibt man kein Geld für deren Weiterbestehen. Thilo Sarrazin, seinerzeit Mitglied des Vorstands der Deutschen Bundesbank, sprach 2010 Klartext: „Es stand doch die große Gefahr eines ‚dritten Weges‘ im Raum. Die DDR als weiterer Staat deutscher Zunge. Es kam darauf an, in diesen Monaten vollendete Tatsachen zu schaffen.“

Herr Schröder fragt: „Warum verlangte Modrow 15 Milliarden DM?“ Die Antwort lautet: Weil die DDR seit ihrer Gründung vom Westen durch einseitige Reparationen, Abwerbung und Abwanderung von Millionen arbeitsfähiger Menschen, Embargo und ‚innerdeutschen‘ Handel um Billionen DM ausgeplündert wurde. Hans Modrow wollte einen kleinen Bruchteil davon zurück.

Allein die Schulden aus den einseitigen Reparationszahlungen beziffert der westdeutsche Professor Arno Peters, gestützt auf 55 Professoren der Bremer Universität und fünf Senatoren der Hansestadt, im Jahr 1989 mit Zins und Zinseszins auf die Gesamtsumme von 727 Milliarden Mark. Kurt Biedenkopf meinte deshalb: „Wenn wir jetzt der DDR Ressourcen zur Verfügung stellen, können wir das nicht unter der Überschrift ‚Hilfe‘ oder gar ‚altruistische‘ Hilfe‘ subsumieren, sondern dass es für uns eine Verpflichtung gibt.“
Resümee zum Artikel von Richard Schröder: „Schuldenlüge“ ist bestätigt

Damit kommen wir zur Schröder’schen Gesamtaussage über die Pleite der DDR-Wirtschaft. Dazu sagt der Abschlussbericht der Deutschen Bundesbank von 1999: Ende 1989 betrug die Verschuldung gegenüber westlichen Ländern brutto 48,8 Milliarden Valutamark, netto, das heißt nach Abzug der Devisenreserven, 19,9 Milliarden Valutamark.

Das entsprach zum damaligen Kurs rund 12 Milliarden Dollar – annähernd 750 Dollar je Einwohner der DDR. Eine Größenordnung, von der heute die meisten Länder der Welt nur träumen können. Die Auslandsschulden der Weltmacht USA betrugen Anfang des Jahres 2018 etwa acht Billionen US-Dollar. Das entspricht 24.000 US-Dollar je Einwohner.

Die abschließende Einschätzung der Deutschen Bundesbank lautet: „Die Schwäche der außenwirtschaftlichen Statistiken der DDR lag darin, dass sie nicht alle Aktivitäten der KoKo-Unternehmen, der Sonderfonds und der Banken außerhalb des Wirtschaftsplanes erschlossen. Dadurch stellte sich für die DDR-Verantwortlichen diese Entwicklung freilich erheblich bedrohlicher dar, da ihnen überhöhte Zahlen der Verschuldung und des Schuldendienstes vorgelegt wurden.“ Unser Resümee zum Schröder-Artikel: Die „Schuldenlüge“ ist nicht widerlegt, sondern bestätigt.

https://www.berliner-zeitung.de/wirtscha...t-33142474
Antworten
#4
Kommentar bei RT Deutsch:

Die Kohl Regierung WAR wie ALLE Regierungegn in diesem Schweinesystem NUR Erfüllungsgehilfe des kapitals.
Das weiss man doch als EX DDR Bürger. Das hat doch jeder halbwegs intelligente bis zum Umfallen gelehrt bekommen. Aber eine MEHRHEIT wollte es ERST zum besseren Verständnis PRAKTISCH und SELBST erleben.
Das PRAKTIKUM dauert JETZT bereits 30 Jahre. Mir reicht es eigentlich.

https://deutsch.rt.com/meinung/92548-lug...n-von-ddr/
Antworten
#5
Deutschland

Ost-Star Tino Eisbrenner: Stasi-Mythos wird aufgebauscht, um Systemfrage aus dem Weg zu gehen
Als Sänger der Band "Jessica“ gehörte Tino Eisbrenner zur letzten Generation von Stars in der DDR. Jetzt setzt sich der Musiker aktiv für Frieden mit Russland ein. RT Deutsch sprach mit ihm auf Eisbrenners Vier Winde Hof in Mecklenburg über die Wende und deren Folgen.

von Wladislaw Sankin

Zu Zeiten, als die Band "Jessica" mit ihrem Frontmann Tino Eisbrenner in der DDR die Herzen des Publikums eroberte, war ich noch ein UdSSR-Schulkind. Ohne die Namen der Stars zu kennen, konnte ich jedoch damals und auch heute immer noch verstehen, was die DDR ausmachte. DDR-Unterhaltungsprogramme liefen auch bei uns im Fernsehen, und es gab viele Reisende – in beide Richtungen. Es waren die DDR-Bürger, die unser Deutschlandbild prägten.
Nun ist "Jessica" Geschichte, Tino Eisbrenner hingegen nicht. Und interessierte Personen verfolgen seine Karriere weiterhin. Sein Auftritt mit dem "Kanonensong" (Brecht/Weill) und seiner deutschen Fassung des Sting-Songs "Fragile" begeisterte eine halbe Million Menschen bei der Abschlusskundgebung der Berliner Friedensdemonstration "No war on Iraq" im Februar 2003. Auch seitdem wusste Eisbrenner sein Engagement in der Friedensbewegung stets mit musikalischen Wegen zu verbinden.

Ich habe den Sänger und Songpoeten bei einem akustischen Konzert und einer Lesung im Russischen Haus in Berlin kennengelernt. Zuvor habe ich ihn als musikalischen Gast bei einer Diskussionsveranstaltung der Linkspartei mit Wyssozki-Liedern auf der Bühne erlebt – ebenfalls im Russischen Haus. Ich sprach den Musiker an, und wir verabredeten uns für ein Gespräch. Dieses sollte in unserer Themenreihe BRD-DDR-Mythen erscheinen.
(...)
Einfach ein Ossi sein

Das Gespräch führen wir auf einer aus Holzpaletten gezimmerten Sitzecke auf der Wiese seines Hofs. Sie liegt unter einem Baum zwischen verschiedenen Nutzgebäuden des Gehöfts. Auf einem der Gebäude aus rotem Backstein steht "1913". Diesem gegenüber befindet sich die private Konzerthalle des Sängers. Früher befand sich hier eine Scheune. Eisbrenner kaufte das Grundstück im Jahr 2002 und machte daraus ein Kulturgut.
Er lässt hier jährlich zweitägige Sommerfestivals unter dem Motto "Musik statt Krieg" veranstalten. Kleinere Konzerte gibt er im Studio des Haupthauses und lässt dort außerdem die Bilder seiner Frau Sofia ausstellen, einer russischstämmigen Malerin. So auch an diesem Tag im Anschluss an unser Interview. Die erste Besucherin – eine Freundin der Familie – gesellt sich zu uns und zeichnet das Gespräch mit ihrem Tablet auf.
(....)
"Ossi". Wir sind bei der zehnten Minute des Interviews angekommen, und erst jetzt fällt das Wort, um das es da eigentlich die ganze Zeit geht. Wir lächeln. An einer anderen Stelle sagt Eisbrenner: "Dafür bin ich ein Prototyp und Einzelfall zugleich."
Noch nicht einmal erklären musste er die DDR. "Es war nicht so, dass wir Angst hatten, unsere Meinung zu sagen." Ein Freund, "die technische Feuerwehr" in seiner Band, hat beim Wachregiment "Feliks Dzierżyński" gedient, um studieren zu können. Das legte er offen und versprach, "nichts Schlimmes" über sie zu berichten. "Aber es gab auch krumme Hunde, die ihre Nachbarn selbst bespitzelten."
Die gesamte DDR nur auf Stasi-Geschichten zu reduzieren, sei eine Masche, um einer Diskussion aus dem Weg zu gehen, der Diskussion darüber, ob Deutschland nach der Wiedervereinigung eigentlich auf dem richtigen Weg sei. Nach dem Wegfall der Systemkonkurrenz sei auch in der BRD der Sozialstaat deutlich zurückgegangen. Das einzige gesellschaftliche Angebot, das das heutige System den Bürgern allseits präsentiert, sei nur der Grundsatz: "Du musst Geld verdienen." Das Bankkonto sei zum Maß aller Dinge geworden.

Mehr lesenBig Griner Ost-Star Tino Eisbrenner zum Mauerfall: Eine friedliche Revolution wäre heute nicht möglich
DDR und "kulturelle" Revolution
https://deutsch.rt.com/kurzclips/92433-w...evolution/
Hierin besteht für ihn der zentrale Gegensatz. Er betont, dass es im Sozialismus um die Gemeinschaft und ums Menschsein geht. Als ich ihn fragte, warum "eine sowjetische Atmosphäre", die er während seiner Russland-Reisen immer wieder spürt, "kulturorientiert" sei, holt der Sänger zu einem 15-minütigen Redebeitrag aus, den ich nicht unterbreche.
In den 40 Jahren der DDR und 70 Jahren in Russland wurde in der Menschheitsgeschichte die Frage gestellt, ob man eigentlich fürs Geldkonto lebt.  
Da die staatliche Vorsorge Grundbedürfnisse in Sachen Job, Medizin und Wohnung abgedeckt habe, gingen Menschen auf die Insel "Kultur", die ebenso staatlich subventioniert worden sei. Da konnten sie Lebenspoesie schöpfen, um später wieder in den Alltag einzutauchen. Die Bildung sei dabei ganzheitlich organisiert gewesen und habe die Zersplitterung der Gesellschaft in Subkulturen verhindert:
Viele im Westen wissen nicht einmal, wer Leo Tostoi ist! Aber wir in der DDR hatten Tolstoi und Mark Twain, Hemingway und Puschkin. Und dadurch sind wir meiner Meinung nach zur kulturellen Bildung gekommen, die auf jeden Fall dafür gesorgt hat, dass wir eine friedliche Revolution gestalten konnten. Das muss eine Gesellschaft erst mal können! Das hatte was mit unserem Bildungsniveau zu tun. Ich glaube, heutzutage würde das anders abgehen. Damals konnten wir die Menschheitsfragen irgendwie miteinander diskutieren, was heutzutage mittlerweile gar nicht möglich ist, weil kulturelle Bildung überhaupt fehlt.........

weiter > https://deutsch.rt.com/inland/92565-ost-...weg-gehen/
Antworten
#6
25. September 2019 um 09:37

War die DDR an ihrem Ende eine „ausgelaugte und bankrotte Ruine“?
Von Tilo Gräser
Alte Legenden in neuem Aufguss: So wirkt, was eine „Taz“-Wirtschaftsjournalistin über den Zustand der DDR-Wirtschaft und die Lage des Lande 1989 schreibt. Sie wiederholt manches, was Experten längst widerlegt haben. Die Wiederholung macht die drastischen Urteile nicht richtiger, wie Wirtschaftshistoriker und Zeitzeugen zeigen.
https://de.sputniknews.com/gesellschaft/...tte-ruine/
Antworten
#7
Die Privatisierung eines Staates
Aldi verdrängt die „Kaufhalle“

Die Treuhandanstalt sollte die volkseigenen Betriebe der DDR in die Marktwirtschaft führen. In nur vier Jahren entschied sie über das Schicksal Zehntausender Betriebe: Verkaufen, sanieren oder stilllegen. Bis heute ist sie die wohl umstrittenste Behörde Deutschlands – hat sie den Osten „plattgemacht“? Oder hat sie die marode DDR-Wirtschaft sogar gerettet? Von SEBASTIAN HAUPT

weiter > https://katapult-magazin.de/de/artikel/a...kaufhalle/

Welche DDR-Betriebe wurden an wen verkauft?
#TagderDeutschenEinheit

Hochauflösende Karte ► https://bit.ly/2AE2Svf
Antworten
#8
„Ich war gern DDR-Bürger!“ – DDR-Popstar Tino Eisbrenner im Gespräch



Antworten
#9
3. Oktober 2019 um 15:51

Würg!

In dieser Stunde möchte ich ganz besonders der Opfer der SED-Diktatur gedenken – sie sollten wir nie vergessen, auch an einem Tag der Freude wie heute. Kanzlerin #Merkel beim Festakt zum #TDE2019 in Kiel. #mutverbindet pic.twitter.com/nypHNfPOXy
— Steffen Seibert (@RegSprecher) 3. Oktober 2019

3. Oktober 2019 um 16:24

Guten Tag, Frau Merkel (oder besser: Guten Tag, Redenschreiber.),
(1) für mich ist das kein Tag der Freude, sondern einer der Trauer. Im Gegensatz zu Ihnen habe ich an dem Tag meine Heimat verloren.
(2) Kriegsverbrecher und Kriegsverbrecherkandidaten „gedenken“ derer, deren Ursache genau sie sind? Das ist ja wahrhaftig Doppeldenk, der nicht nur ein bisschen dazu einlädt, das Frühstück von vorgestern noch einmal anzusehen.
(3) wenn Sie wirklich etwas für die deutsche Einheit tun wollen (Wollen Sie nicht, aber das ist ein anderer Punkt.), dann geben Sie einen Verfassungsentwurf in Auftrag, leiten die gesamtgesellschaftliche Diskussion darüber, lassen die Volksabstimmung dazu organisieren und setzen sich dann endlich zur Ruhe.
(4) heben Sie alle Berufsverbote seit dem Radikalenerlass 1972 und alle, die bei der großen Säuberung der DDR-Schul- und Hochschullandschaft unter heftiger Aktivität von Herrn Thomas de Maizière angefallen sind, auf und sorgen Sie dafür, dass die Unterschied in Lohn und Arbeitszeit zwischen Ost und West endlich verschwinden. Könnte dem sozialen Frieden in diesem Lande dienlich sein. Ach ja, der eine oder andere leitende Richter, hoher Verwaltungsbeamter oder Universitätspräsident, der eine Vita Ost hat, wäre dem Frieden im Lande auch dienlich, abzüglich diverser Armleuchter, die es auf beiden Seiten gibt.
(5) kündigen Sie die NATO-Mitgliedschaft, legen Sie die Beitragszahlungen mit sofortiger Wirkung auf Eis, pfeifen Sie Ihre Kriegsministerin zurück und schicken Sie die US-Besatzer nach Hause.
(6) heben Sie die Sanktionen gegen Rußland auf und benehmen Sie sich diesem Land, seiner Führung und seinen Bürgern gegenüber endlich zivilisiert.
Zu viel verlangt? Wenn das zu viel verlangt ist für eine Regierungschefin, sollten Sie in Rente gehen. Das Alter hätten sie. Wir Steuerzahler wären sogar so fair, Ihnen keinen Rentenabschlag zu berechnen, weil sie nicht auf 45 Beitragsjahre kommen, nur um Sie endlich loszuwerden (Oh, ich vergaß, Sie müssen ja nicht mit der gesetzlichen Rente …). O.k. kommt die nächste Marionette.
Antworten
#10
03.10.2019 - Rede Angela Merkel - Tag der Deutschen Einheit





Meine Haltung zur DDR ist etwas anders, aber was ich wirklich übel finde: Mit dieser Rede würgt Merkel allen Ostdeutschen wieder einmal so richtig eine rein.

Ich habe versucht, mir die Rede anzuhören, ging aber nur ein paar Minuten, bis zu dem Satz: 

Wir alle […] müssen lernen, zu verstehen, dass nicht schon allein mit einer verbesserten wirtschaftlichen Lage die Identifikation mit unserer Demokratie einhergeht.

Soll heißen: Jeder im Osten, der Merkels Politik kritisiert, hat einfach „unsere Demokratie“ noch nicht akzeptiert. Und um die Spaltung zwischen Dünkel- und Dunkeldeutschland noch mehr zu vertiefen, werden die Ossis noch ein bisschen diffamiert:

Das Gedenken an die friedliche Revolution in der DDR gebe Anlass, präzise über das heutige Verhältnis von Bürger und Staat nachzudenken. Da die DDR ihren Bürgerinnen und Bürgern die Möglichkeit nahm, über wichtige Fragen des Lebens selbst zu entscheiden, diente der Staat „als fast perfekte Entschuldigung für eigene Unzulänglichkeiten“.

Und last but not least: Dank ihrer Grenzöffnung haben wir das:

Deshalb passe es, die Deutsche Einheit mit einem bunten Fest zu feiern und sich „an der Vielfalt unseres Landes“ zu erfreuen.

https://www.bundesregierung.de/breg-de/t...it-1678306

Was mich tröstet: Irgendwann, wenn man sie nicht mehr braucht, wird man zulassen, dass die Wahrheit über sie ans Licht kommen kann. Für diese Frau wird es nicht einmal eine klitzekleine Gedenktafel geben.
Antworten


Gehe zu:


Benutzer, die gerade dieses Thema anschauen: 1 Gast/Gäste