MONTAG, 26. FEBRUAR 2018
von Alexander Brekemann
Wehrhahn-Prozess: „Was ich da gemacht habe...haben soll“
Der am 25. Januar gestartete Wehrhahn-Prozess vor dem Düsseldorfer Landgericht geht am Dienstag in den neunten Prozesstag. Die Anklage wirft dem 51-jährigen Ralf S. vor, am 27. Juli 2000 auf einer Fußgängerbrücke des Düsseldorfer S-Bahnhofs Wehrhahn aus „fremdenfeindlichen“ Motiven einen gezielten Sprengstoffanschlag auf eine Gruppe Sprachschüler_innen begangen zu haben, um diese aus „seinem Revier“ zu vertreiben. Ralf S. bestreitet den zwölffachen Mordversuch. Direkte Augenzeug_innen und eindeutige Beweise wie DNA-Spuren gibt es nicht, dafür aber eine umfangreiche „Indizienkette“ der Staatsanwaltschaft.
Zum Zeitpunkt der Detonation befand sich eine zwölfköpfige Gruppe Migrant_innen aus der ehemaligen Sowjetunion – unter ihnen sogenannte jüdische Kontingentflüchtlinge – in tödlicher Entfernung der mit TNT bestückten und auf Sichtkontakt ferngezündeten Rohrbombe, die in einer Plastiktüte am Brückengeländer hing. Nur zwei Personen blieben körperlich unverletzt. Für mehrere Verletzte bestand Lebensgefahr, eine schwangere Frau verlor ihr ungeborenes Kind. Fünf der damals verletzten Personen sind im Prozess über ihre Anwält_innen als Nebenkläger_innen vertreten.
„Rechter Militarismus“
Schon kurz nach dem Anschlag geriet der derzeit Angeklagte, der in Fußnähe des Tatorts einen Militaria-Laden betrieb, ins Visier der Ermittlungen. Der ehemalige Zeitsoldat bewegte sich am Rande der Neonazi-Szene, machte aus seiner Vorliebe für alles Militärische, „Gesetz und Ordnung“ und die neonazistische Szene keinen Hehl. Von ihm als „nicht deutsch“ identifizierte Personen, tatsächliche oder vermeintliche Junkies und Dealer sowie Linke hatten seines Erachtens in „seinem Revier“, das er häufig im Militär-Outfit mit seinem Rottweiler bestreifte, nichts verloren.
Sehr gerne wäre er bei der Bundeswehr geblieben. Einer seiner ehemaligen Bundeswehr-Vorgesetzten bezeichnete ihn als „übermotiviert“, „durchgeknallt“, „leicht manipulierbar“ und „labil“. Ralf S. hinge einem „rechten Militarismus“ an. Er habe viel bei der Bundeswehr mitbekommen, sei aber offiziell nie Teilnehmer einer Ausbildung mit Sprengstoff gewesen. Einig waren sich seine Vorgesetzten darin, dass er ein „guter Soldat“ gewesen sei. Dennoch machte man dem Obergefreiten nach vier Jahren kein Angebot für einen weiteren Verbleib bei der „Truppe“. Für Ralf S. „brach eine Welt zusammen“, wie es einer seiner Vorgesetzten vor Gericht formulierte.
Neuaufnahme der Ermittlungen
Letztendlich ließ die Anfang August 2000 eingerichtete Ermittlungskommission „EK Acker“ wieder von Ralf S. ab, eine Tatbeteiligung sei ihm nicht nachzuweisen, zudem sei er vermutlich nicht fähig, einen Sprengsatz wie den beim Anschlag eingesetzten zu bauen. Letztendlich blieb der Fall damals ungeklärt. Die „EK Acker“, die in „alle Richtungen ermittelt“ hatte, wurde aufgelöst. Erst im Juli 2014 tat sich wieder etwas.
Ralf S. soll während der Verbüßung einer Ersatzfreiheitsstrafe einem ebenfalls inhaftierten ehemaligen Bundeswehrsoldaten, mit dem er sich angefreundet hatte, von seiner Täterschaft beim Wehrhahn-Anschlag detailliert berichtet haben. Dieser meldete den Vorfall. Hinter den Kulissen nahm die neu gegründete „EK Furche“ mit Unterstützung der „Operativen Fallanalyse“ des LKA NRW die Ermittlungen wieder auf. Mit dem Ergebnis, dass am 1. Februar 2017 Erfolg gemeldet wurde. Ralf S. sei am Vortag in U-Haft genommen worden, man könne ihm die Tat jetzt nachweisen. Bis zum Prozessbeginn aber verging noch ein weiteres Jahr.....
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https://www.endstation-rechts.de/news/we...-soll.html